Rudi Conin an Kaplan Stiesch, 31. Oktober 1943
O. U., den 31.10.1943
Hochwürden!
Ihren letzten Brief habe ich schon länger in Händen ohne dass ich ihn beantworten konnte. Kurz nach meiner Rückkehr aus dem Urlaub hat man mich wieder auf die Schule geschickt und dieser Lehrgang war jetzt weniger schön. Es gab ordentlich Zunder und es war ein lautes Aufatmen als diese Zeit vorbei war.
Jetzt findet man wieder Zeit für sich und auch Gelegenheit all das Versäumte nachzuholen. Ihnen will ich nun gleich schreiben, denn Sie haben ja nach meinem Urlaub nicht mehr von mir gehört.
Ich möchte da gleich eine Bitte vortragen, die Sie bitte an die Kerle weiterleiten wollen. Von Hans Eiermann höre ich von der erneuten Krankheit Otto’s. Ich selbst bange diesmal stark um Otto, denn schon beim erstenmal hatte Otto stark zu kämpfen. Wir alle erhoffen für ihn das Beste und wollen häufig um sein Gesunden den Herrn bitten. Ihn selbst wollen wir aber während seiner Krankheit jetzt erst recht nicht allein lassen und ich glaube ein Besuch der Kerle wird Otto bestimmt freuen und ihm wieder Kraft geben. Bitten Sie die Kerle doch, Otto recht oft zu besuchen, solange er noch in Köln liegt, denn auch das gehört zu unserer Aufgabe.
Da lese ich gerade wieder in Ihrem Brief von der Gitarren-Begeisterung. Ich fände es fein, wenn die Kerle
sich nerst einmal bei Otto umsähen, wo, wie und in welcher Umgabung Otto liegt und dann beim nächstenmal evtl. die Gitarren mitnähmen.
Über die Michaelsstunde hatte Jochen in seinem Rundbrief einen feinen Schrieb eingeflochten. Ich kann mir auch vorstellen, dass sie fein war und will hoffen, dass alle Kerle etwas daraus mitgenommen haben.
Nun zu Ihrem Vorschlag bezügl. des brüderlichen „Du“. Wie sehr ich mich darüber gefreut habe kann ich Ihnen nicht sagen. Beim Militär kennt man untereinander ja nur ein Du ohne dass sich darüber einer Gedanken macht. In dem „Du“ liegt doch etwas, was einen noch mehr verbindet, noch enger zusammenführt, etwas viel freundschaftlicheres und kameradschaftlicheres! Als Zivilist würde man ja mit dem „Du“ auch gar nicht so herumwerfen, denn es kann ja auch Achtungslosigkeit darinliegen. Ich nehme das „Du“ natürlich mit Freuden an und hoffe, dass es unsere Zusammenarbeit noch mehr fördert.
Am Schluß des Briefes nun herzliche Grüße
Rudi