Herbert Faber an Kaplan Stiesch, 7. November 1943
O.U. Sonntag, den 7.11.43
November! Stürmisches Herbstwetter herrscht seit einigen Tagen. Rauher, frischer Seewind braust über unseren Bunker hinweg. Man möchte die Behausung überhaupt nicht mehr verlassen, zumal unser Ofen auf Höchsttouren läuft. Dies alles trägt dazu bei, dass ich nun meine Hölle nicht verlassen und Ihnen einige Zeilen schreibe.
Lieber Herr
Nun ist Allerseelen vorbei und ich war nicht in der Lage an das Grab meiner geliebten Eltern zu treten. Wie gerne hätte ich ihnen all das Gute, (später) daß sie mir zukommen ließen, in meinem späteren Leben erwiedert (erwidert). Leider war es mir nicht vergönnt. Und so konnte ich an
diesem Tage, wie schon so oft, nur für sie beten. Fern der Heimat (kommt) wird einem erst richtig bewusst, was die Eltern für einen getan haben. –
Vielen Dank für Ihren lieben Brief vom 26. Okt. Noch größeren Dank für die beigelegten Bilder! Wie gerne hätte ich die Stunde „religiöse Musik“ mitgemacht. Na, das werden wir hoffentlich später alle nachholen können.
Meine Kameraden sind ganz prächtige Kerle. Doch mit den meisten kann man sich nur über das Thema „Mädchen“ unterhalten. Kirchliche Sachen interessieren sie weniger. Bisher hatte ich zweimal Gelegenheit die hl. Messe zu besuchen. Die Kirche war gefüllt mit deutschen Soldaten. Leider wurden die meisten von ihnen gezwungen die Messe zu besuchen und dadurch litt die Feierlichkeit. Unser Obleutnant spielte Orgel u. wir gaben mit unseren verrosteten
Kriegerstimmen alte, deutsche Kirchenlieder kund.
Nun ein anderes Kapitel: „Mädchen“.
Was hier an Pack herumläuft, macht sich keiner, der’s selbst miterlebt hat, ein Bild. Ich weiß nicht wie viele meiner Kameraden sich mit solchen Huren, anders kann man sie wirklich nicht bezeichnen, abgeben können. Sie machen sich auch keine Gedanken dabei, welchen Gefahren sie dadurch entgegengehen. Ich bin kein Mädchenfeind. Aber sich mit so einem Pöbel abzugeben, liegt nicht in meiner Art u. ist auch eines deutschen Soldaten unwürdig. Es gibt auch nette ordentliche Mädchen hier, aber die sind zu stolz, um mit einem deutschen Soldaten zu verkehren. Diese achte ich sehr. –
Eine schöne alte Sitte scheint folgende zu sein. Beim Vorbeigehen an Kirchen u.s.w. ein Kreuzzeichen auf öffentlicher Straße zu machen. Nicht nur im Dorf auch in der Stadt ist das bes. bei alten Leuten der Brauch.