Konrad Friesenhahn an Rudolf Stiesch, 27. November 1943
27.11.43
Lieber Rudolf!
Gerade gestern zu meinem Namenstag kam Deine Sendung an, einmal die zerteilte Rede über Homer, dann Grillparzers Sappho. Neben meinem Dank steht meine Freude im Vordergrund gerade am 26. in den besitz dieser Kostbarkeiten gekommen zu seine. Habe ich Dir auch schon „Perikles an die Gefallenen“ bestätigt, er kam einige Tage vorher an.
Rudi, Du bist aber ganz lieb, dass Du mich hier auf klassischem Boden so mit klassischen Dingen versorgst. Hier liest sich das anders als unter dem grauen Novemberhimmel Deutschlands.
Und nun etwas anderes. Ich schreibe darüber, um Unterstellungen oder Vermutungen vorzubeugen. G. Köntgen ist mir nun wieder näher gekommen. Nach der Ruhezeit langer Jahre brachte sie sich selbst wieder in Erinnerung und stieß auf mich in einer Zeit, da ich gerade meine Einsamkeit bedauerte.
Ich bin natürlich vorsichtig, aber auf der anderen Seite empfinde ich so etwas wie Bewunderung über eine echte Treue, die keine Nahrung (???) aus einer gegenseitigen Haltung zu sich nehmen konnte. Mit einmal werden da verschüttete Gefühle freigelegt und mit geheimen Gedanken stelle ich fest, bald 27 Jahre zu sein. Ihr dürft daher mit Überraschungen rechnen in naher Zeit, eine Hochzeit wäre nun angebracht.
Darüber schreibe ich nun, weil ich annehmen darf, dass über die alten Verbindungen vielleicht Nachrichten zu Euch gelangt sind, die Euch unfaßbar und übertrieben oder voreilig scheinen.
Vieles in mir drängt, Ernst zu machen, um endliche Ruhe zu finden!
Herzlichst!
Euer Konrad