Hubert Schmitten an Kaplan Stiesch, 12. Dezember 1943
Russland, den 12. Dezember 1943
Lieber Herr Kaplan!
Nun steht unser schönes deutsches Weihnachtsfest wieder vor der Türe, dem wir, wie unsere Lieben zuhause mit sehnsuchtsvollem Herzen entgegenharren. Wie gerne möchten wir am Christfest bei unseren Frauen u. Kindern sein. Wie in den hinter uns liegenden Kriegsjahren, so ist es auch in diesem Jahre den allermeisten Soldaten nicht vergönnt am Weihnachtsfeste bei ihren Lieben zu sein. Möge Gott es geben, dass dies das letzte Weihnachtsfest ist, wo wir fern von unseren Lieben sind. Gerade am Weihnachtsfest kommt das Getrenntsein am schmerzlichsten zum Bewusstsein. Wie gerne möchten wir bei ihnen sein, die unserer so innig gedenken. Es ist schade um unsere Kinder denn gerade für Kinderherzen ist doch die Erinnerung an die Weihnachtsfeste zusammen mit Vater u. Mutter das Schönste. Sicherlich machen die Kinder auch in diesem Jahre ein Krippenspiel. Ich denke daran wie Kurti u. Raschelein immer mit Feuereifer dabei waren u gerne von diesen schönen Stunden erzählten.
Lieber Herr Kaplan darf ich mir eine Frage erlauben. Wie macht sich unser Junge in der Schule. Ist er den an ihn gestellten Anforderungen, die doch von Jahr zu Jahr stärker werden, auch gewachsen. Meine Frau schreibt mir in dieser Hinsicht weniges u nimmt die ganze Sorge auf sich allein. Sie kennen doch unseren Jungen, da sie
ihm so oft in selbstloser Hingabe beigestanden haben. Meine diesbezügliche Frage kommt nur aus meinem besorgten Vaterherzen, da ich doch selbst dem Jungen in keiner Weise beistehen kann.
Nehmen Sie nun lieber Herr Kaplan sowie ihre lieben Eltern die besten Weihnachtswünsche hin. Auch wünsche ich ihnen u. ihren Eltern ein glückliches neues Jahr u. gute Gesundheit.
In der Hoffnung, dass Gott uns im kommenden Jahr den heissersehnten Frieden schenken möge verbleibe ich mit den besten Grüssen
Ihr Schmitten Hubert