Peter Haas an Kaplan Stiesch, 9. Februar 1944
Brieg, 9.2.44
Rudolf!
Vorerst sende ich Dir einen frohen Gruss. Du entschuldigst doch sicher, dass ich lange nicht schrieb. Das Leben will man uns anscheinend zur Qual machen. Hier kennen wir momentan nur Arbeit und Schlaf und diesen nur soviel als wir unbedingt notwendig brauchen. Seit meinem letzten Urlaub hatte ich erst einmal Gelegenheit die hl. Messe zu besuchen und das war Weihnachten um Mitternacht. Jedoch hat mir diese echt schlesische Feier im äusseren Rahmen gar nicht gefallen. Da war die Christmette in unserer Kirche in früheren Jahren noch Gold dagegen. Weihnachten selbst haben wir an beiden Tagen arbei-
ten müssen. Nun wirst Du mein derzeitiges Leben in grobem Umriss einigermassen kennen. Wenn man wenigstens mal etwas Freizeit hätte um etwas lesen zu können und an sich zu arbeiten. So aber verblödet man mit der Zeit langsam aber sicher. Gerade wir, die wir früher so an die Freiheit gewohnt waren, müssen jetzt in den elenden Mauern als Gefangene leben. Hier sieht man es auch, wie wichtig es ist, mit den Kameraden in Verbindung zu stehen um wenigstens ab und zu von den wachgerufenen Erinnerungen zu zehren. Wie ich heute morgen noch im dunkeln durch den frisch gefallenen Schnee stampfte, da dachte ich an die Fahrten die wir im Winter mit unserem Bob unternahmen.
Und wie mitten im tiefen Schnee unsere Kahte stand, in der wir auch bei der niedrigsten Kälte gut geborgen waren. Dann geht man auch wieder mit mehr Mut an die Arbeit. –
Die Schar in der Pfarre wird wohl immer mehr zusammenschmelzen. Hoffentlich kommt bald die Zeit, wo wir wieder Alle zusammen sein und arbeiten können. Aber die Hauptsache ist, dass die, welche jetzt noch daheim sind, in der Gemeinschaft eisern stehen.
Diesen Brief schreibe ich in einer Stube die voll von Tabaksqualm und ekelhafter Musik ist. Es ist traurig, dass ich daran nichts
machen kann. Bei solch alten Soldaten darf ich als junger Stift nicht mitreden. Aber ich brenne auch gar nicht darauf, mich mit solchen Menschen zu unterhalten, deren Gesprächsthema meist von ihrem moralischen Tiefstand zeugt.
Für heute Dir noch mal Heil und Gruss.
Grüsse die jungen Kameraden von mir.
In Treue!
Peter