Jochen Soddemann an Rudolf Stiesch, 3. April 1944

       Am Montag in der Karwoche 1944

Lieber Rudolf!

Es macht froh in jedem Jahr mit dem eigenen Reifen und wachsen das Geheimnis der Karwoche und des Ostertages reicher und tiefer zu erfahren. Vielleicht habe ich in meinem Schrieb zu diesem Tage – er ist leider erst danach fertig – ein wenig zu hoch gefasst, aber ein großer Gedanke kostet eben Mühe und will durch- und zu Ende gedacht sein.

Was der Ostertag für unser eigenstes persönliches Leben alles in sich birgt, vermag man gar nicht in Worte zu fassen. In Guardinis Herr las ich dieser Tage z. B. von der Erlösung des Leibes durch den Auferstehungssieg: Eine Wahrheit, die laut einer Welt, die uns Leibfeindlichkeit vorwirft entgegengerufen werden muß.

Die Karwoche wird recht fein werden: Am Karsamstag werde ich in Naarden die Matthäuspassion hören, gestern war im Reichsprogramm des Rundfunks die Rede von dieser Aufführung. Den Dienst am Sonntagnachmittag nehme ich dafür gerne in Kauf.

Zum Tage seines Sieges Dir und allen des Herrn reichsten Segen

   Jochen