Josef Werres an Kaplan Stiesch, 5. April 1944

Lichendorf, den 5.4.44

Hw. Herr Kaplan!

Der Dienst hat nun etwas nachgelassen und da finde ich endlich Zeit auch Ihnen einmal zu schreiben.

Bis heute hat man uns so richtig mit Dienst überhäuft und auch jetzt ist es noch nicht viel besser nur ich hab das Glück z.Zt auf der Heilstube zu liegen und vom Dienst befreit zu sein.

Ich liege hier so ziemlich an der südlichsten Grenze Deutschlands ungefähr 20 km von Graz. Lichendorf selbst ist ein ganz kleines Nest. Höchsten[s] Wildon, die nächste Bahnstation wird auf der Karte zu finden sein.

Die Gegend hier ist gar nicht so übel. Bei klarem Wetter sind die Alpen sehr schön zu sehen. Leider hab ich von dem nicht allzu viel, da einen der Dienst zu sehr in Anspruch nimmt. Der R.A.D ist eigentlich nichts anderes als eine vormilitärische Ausbildung. Mit dem Spaten kommen wir nur in so weit zusammen, dass wir ihn als Symbol des RAD auf der Stube hän-gen haben. Die Ausbildung ist gleich mit dem Gewehr und wie das so geht wissen Sie sicher schon den den anderen her.

Mit den Kameraden ist ganz gut auskommen. Viele kenne ich schon von früher her. Mittler-weile hatten wir auch Vereidigung und somit auch etwas mehr Freiheit in Bezug auf Ausgang. Wie uns gesagt wurde ist es verboten in RAD Uniform eine Kirche zu besuchen. Hoffentlich nimmt man es hier nicht zu streng.

Ich wünsche Ihnen nun ein gnadenreiches Osterfest und lasse Sie und alle Kameraden aus der Pfarrjugend bestens grüßen

Ihr Josef Werres