Peter Haas an Kaplan Stiesch, 19. Juli 1944
Konradswaldau, 19.7.44.
Rudolf!
Für Deinen Gruß zu meinem Namenstag nimm meinen herzlichen Dank.
Du meinst, daß ich still geworden bin. Ja, damit mußten sich alle abfinden, die mit mir brieflich verkehrten. Aber trotzdem geht es mir nicht so besonders rosig. Wenn man von morgens früh bis abends spät in der Sonne am Flugzeug herumbastelt, dann ist einem der Sinn nicht mehr nach Schreiben gerichtet. Aber momentan habe ich etwas Abwechslung denn ich liege im Lazarett mit einem Stirnhöhlenkatharr und wenn die Kopfschmerzen mal etwas nachlassen kann ich hier und da einen Brief schreiben.
Von Helmut bekam ich die Nachricht, daß in Bickendorf jetzt soweit alles klappt. Sogar die Gemeinschaftsmesse soll immer besser werden. Da freue ich mich ja schon auf den nächsten Urlaub. Die Gemeinschaft der Jugend im Gottesdienst zu fördern, ist doch eine der Schönsten unserer Aufgaben.
Hast Du den Rundbrief von Werner bekommen, wo die kommende Arbeit in der Pfarrjugend behandelt wird? Der Schreiber meint darin, daß wir ganz neu anfangen müssen und nichts von dem Alten, daß unsere frühere Arbeitsmethode mit ihrem Fahrtenleben und allem drum und dran ist, gebrauchen könnten. Was meinst Du dazu? Ich bin da ganz anderer Meinung. Niemals oder nur in seltenen Fällen
wird sich ein 14 Jähriger durch das Wissen und Denken, welches er aus den Heimabenden mitnimmt, ganz zu unserer Gemeinschaft bekennen, wenn er an andern Tagen sich dem Verkehr mit andersgesinnten hergibt. Die Stärke, welche wir für unsere Sache gewinnen wollen, müssen wir ständig um uns haben, in jeder freien Stunde, müssen ihnen das Leben vorleben, und dazu gehört aber, daß wir Fahrten machen, zusammen singen, Fußballspielen und schwimmen, also genau so wie wir es früher betrieben haben.
Frohen Gruss Dir!
Peter