Peter Haas an Kaplan Stiesch, 20. September 1944
Jüterbog, 20.9.44.
Rudolf!
Für Deine Karte muß ich Dir noch danken. Du meinst, daß ich mir hier die Gegend mal an-sehen soll nebst Potsdam und Wittenberg. Natürlich würde ich das gern machen, doch kann ich froh sein, wenn ich ab und zu mal für ein paar Stunden aus dem Horst raus komme, denn hier löst sich Wache mit dieser und jener Bereitschaft fast ununterbrochen ab. Einesteils bin ich nicht gern von Brieg fortgegangen. Ich hatte nämlich gerade einen Kerl gefunden aus der Schar von Trier, mit dem ich manchen Abend zusammen war, Erlebnisse ausgetauscht und gesungen habe. Das ist nun hier wieder aus. Dafür bin ich hier auf eine 10 Mann-Stube gera-ten und Du kannst mir glauben, daß ich froh bin, wenn wenigstens mal 3
oder 4 Mann nicht anwesend sind. Wir sollen jetzt 8 Tage zur Erntehilfe. Darauf freue ich mich schon. Du schreibst ja selbst, daß es herrlich ist, abgeschieden von der lauten Welt unter den Bauern zu leben.
Die Kerle daheim werden wohl jetzt zum größten Teil vom Westwall zum Schanzen sein, und da ist es wohl momentan sehr ruhig bei Euch. Am liebsten möchte ich gar nicht mehr schrei-ben solange ich noch hier bin, denn ich weiß wohl, was man erzählt, daß die Jungen nach vorn müssen und wir uns schon jahrelang im tieferen Hinterland herumtreiben. Und ich kann mir schon vorstellen, wie unzufrieden ich später mit mir selbst bin, wenn die Kameraden stolz von ihren Kämpfen und Erlebnissen erzählen, derweil ich wie ein Kind zuhören darf. Das ist ein solcher Gedanke, wie sie uns jetzt kurz vor der Entscheidung des Krieges kommen.
Dir frohen Gruß und Heil!
Peter