Karl Heinz Hodes an Kaplan Stiesch, 2. November 1944

Wittekindshof, am Allerseelentag 1944

Lieber Rudi!

Dank sei Dir für die lieben Zeilen mit dem wundervoll zu lesenem Büchlein von E.T.A. Hoffmann. Ich grüße Dich, Rudi und denke so oft an die Lieben derheim, die so ungeheuerliches durchmachen müssen. Nun sind also meine Eltern auch aus Köln heraus – aber gehört habe ich schon seit 14 Tagen nichts mehr von ihnen. Von Johanna fast seit 3 Wochen ohne Post. Was sich in Bickendorf und Vogelsang zugetragen hat – von alldem weiß ich nichts! Wenn ich übermorgen mein Namenstag begehe dann bin ich versunken in Heimweh und in Leid – und gerade heute am Allerseelentag habe ich sooft an all das Leid gedacht, das im Augenblick die Menschheit belastet.

Ich halte jeden Tag von 17-18 Uhr Orgelmusik hier in der Lutherkirche. Während ich gestern noch ein frohes Gaudeamus spielte, so dachte ich heute an die Toten, für die wir zu beten verpflichtet sind und das Orgelspiel war danach getragen. 30 Besucher habe ich wohl täglich.

Kannst Du mir Neues berichten? Evtl. auch die Anschriften umquartierter Bekannte - evtl. Johanna’s Anschrift? Halte mich bitte auf dem Laufenden.

An für sich sollte ich heute entlassen werden – aber bald wird es wohl sein.

Alarm gibt es hier auch viel; hier ist er noch bombenfrei…

Herzliche Grüße und Gott befohlen!

Dein  
Karl Heinz