Gisbert Kranz an seine Eltern, 15. März 1944
15.III.44.
Meine lieben Eltern! Lieber Karlheinz!
Endlich einmal eine Abwechslung in das stumpfsinnige Einerlei des Bunkerlebens: Ein Übungsmarsch durch den flandrischen Vorfrühling, mit allem was dazugehört: Waffen und Gepäck, Troß mit Pferden und Wagen und natürlich die Feldküche. Ich machte mit, trotz meiner elenden Füße, und ich bereute es nicht. Die Luft war zwar noch kühl, aber die Sonne schien von morgens bis abends recht freundlich, und ich habe mich so recht gefreut.
Gestern Abend Theater bei uns, richtiges Theater: Ein Lustspiel, „Flitterwochen“, ich weiß nicht von wem; aber gelacht habe ich dabei, daß ich schwitzte.
Meine neuen Männer: Ein Obergefreiter aus Dortmund, alter Sack von der „Feldherrnhalle“; ein Gefr. aus Schlesien, verheiratet und Vater von sechs Kindern; ein Gefr. aus Westpreußen, Schuhmacher; ein Obergrenadier aus Salzburg und ein Obergren. aus Wien. Bis auf einen alle beträchtlich älter als ich. Doch komme ich glänzend zurecht mit den Leuten, und ich brauche nichts zweimal zu sagen. –
Übrigens fällt mir ein, daß ich die „Feldpost der Heimat“ vom Februar noch nicht bekommen habe. Könnt Ihr mir noch ein Exemplar schicken?
Die Bahn, die an meinem Festungswerk vorüberfährt, gibt Signal mit Hupen, abwechselnd einen hohen und einen tiefen Ton. Dann höre ich immer: „Urlaub! Urlaub! Urlaub!“
Grüße und Küsse Euer Gisbert.