Karl-Heinz Kranz an seine Familie, 16. September 1943

Rußland, den 16.IX.43

Liebe Eltern!

Gestern abend fuhren wir wieder weiter und liegen jetzt in einem Dorf in Ruhe, ständig sprungbereit, wieder eingesetzt zu werden. Bevor wir gestern abrückten, wurden von uns die unbewohnten (von Landsern) Häuser angezündet. Es ist Befehl, alle Dörfer anzustecken, die von uns geräumt werden, damit der Russe keinen Nutzen mehr davon hat. Ebenso werden die Garbenhaufen auf den Feldern in Brand gesteckt, alles Vieh zurückgetrieben oder geschlachtet, die Männer mit zurückgenommen, alle landwirtschaftlichen Maschinen zurücktransportiert – kurzum dem Russen außer dem Boden nichts Wertvolles überlassen. Der Rückzug geht ganz planmäßig vor sich. Dabei hat der Russe immer große Verluste. Wir werden uns bis auf eine feste Winterstellung zurückziehen, die schon vorbereitet ist. Die Ernte ist, soweit es ging, in den rückwärtigen Gebieten noch eingeholt worden. In der Gegend von Poltawa arbeiten die Dreschmaschinen mit Volldampf, damit die Ernte zurückgeschafft werden kann. Der Charakter der Kämpfe im Osten ist defensiv. Die Hauptkämpfe entwickeln sich jetzt wohl in Italien. Trotzdem sind hier die Kämpfe immer noch sehr hart. Der Russe wird aber

so geschwächt, daß er wohl kaum noch eine Offensive im Winter auf die Beine bringt. – Wenn man nachts umherschaut, sieht man überall Brände von Häusern und Erntehaufen. Kommt man durch ein solch brennendes Dorf, so sieht man schaurige Dinge. Gebe Gott, daß dieser elende Krieg bald ein Ende nimmt.

Mir geht es soweit immer noch gut.

Für heute frohe Grüße,

Euer Karl Heinz