Fritz Kranz an seine Eltern, November 1941 (?)
Liebe Eltern!
Ich danke nochmals für das Paket. Es wurde uns heute Mittag gesagt, daß wir alle nach Hause schreiben sollen wegen der Kleiderkarte. Ihr sollt einen Zettel schreiben, auf dem steht, daß ihr für mich noch keine Kleiderkarte habt. Wenn ich zu Hause bei Euch keine Kleiderkarte bekomme dann bekomme ich hier eine. Deshalb sollt ihr mir einen Zettel schicken, wo das drauf steht. Es sind heute am Freitag schon viele nach Hause gefahren, trotzdem am Samstag kein Schulfrei ist. Als ich vorige Tage durch die Stadt ging kam mir der Bannführer des Jungvolkes und der H. J. entgegen und als ich ihn nicht grüßte, ich kannte ihn nämlich nicht, kam er auf mich zu und fragte, ob ich ihn nicht kenne. Ich
sagte natürlich nein. Er zeigte auf meine Manschesterhose und brüllte mich an, ich dürfe außerhalb des Dienstes keine Manschesterhose tragen. Er sagte, ich solle am nächsten Tag zum Bann kommen. Am anderen Tag ging ich zum Bannführer und der wollte mich wahrhaftig erst vom Canisianum herunterschmeißen. Er wollte selbst mit dem Dr. Hürfeld sprechen, was er auch getan hat. Dann hielt er mir eine Rede über den Nationalsozialismus. Am Schluß sagte er, ich solle alle meine Uniformstücke, die ich hätte abgeben, weil ich in keiner H. J. wäre. Am nächsten Tag soll ich mit einem gutverschnürten Paket mit den Uniformstücken zum Bann kommen. Zu meinen Uniformstücken gehören 1) die zwei Braunhemde mit den Achsenklappen der Motor H. J.,
2) die Manschesterhose mit Koppelriemen, 3) die Skihose, 4) die Skibluse.
Und das alles soll ich abgeben. Ich bin aber am anderen Tage mit einem Paketchen mit 1 Hemd und 1 Hose hingegangen und habe es am Bann abgegeben. Schade, daß der Bannführer nicht da war. Der Bannführer ist ungefähr 45 Jahre alt. Aber eine Schnauze, als wenn er 80 wäre. Ich hatte das Päckchen also abgegeben. Ich fragte den Führer in welcher H J ich hinein käme, da sagte er, daß würde ich noch erfahren. Ich werde bestimmt in die Pflicht HJ kommen. Zum Dr. Hürfeld mußte ich deswegen auch kommen. Der Bannführer wollte nämlich am Samstag zum Canisianum kommen um mal nach zu schauen wer in der H. J. ist und wer nicht drin ist. Jetzt sind aber die meisten nach Hause
gefahren. Ich bin gespannt, was das morgen gibt. Ich werde mich aber bemühen die Sachen wiederzubekommen. Mutter brauch also nicht zum Dr. Hürfeld oder zum Herrn Göbels zu schreiben. Die wissen das schon. –
Es gibt jetzt nur noch morgens 1 Stulle. Der Bäcker kann hier nicht mehr so viel backen wie sonst, weil wir nicht soviel Brotkarten haben.
Herzlichen Gruß
Fritz