Hans Schocke an Willi Büse, 27. Mai 1940

Altenberg 27. Mai 40

Heil Dir Willi!

An Deinem Namenstag möchte ich Dir einen Gruß sagen und Dir Gottes reichen Segen wünschen und die Erfüllung aller Deiner Wünsche. Willi, Dein Leben geht in einer seltsamen Bahn und auf der ganzen bisherigen Strecke war es fast begleitet von grossem Leid und es sieht fast so aus, als sollte Dich dieses Leid nicht verlassen. Um so mehr habe ich mich immer gefreut, wie Du alles getragen hast, wie Du nicht zerbrochen bist daran, sondern gewachsen und zwar so - ich will es ehrlich bekennen - wie ich es nie geglaubt hätte. Es ist etwas großes um das Leid. Man kann sagen ein Geheimnis. Nicht an sich und auch nicht etwa im Hinblick auf die Persönliche(!) Entwicklung des Menschen, obschon das schon viel wäre. Sondern ins Unendliche steigert es sich im Kreuz Christi. Denn das Tiefste ist, dass man die Schuld anders auf sich nimmt in der Liebe Gottes nicht als Held sondern in Schmach und Erniedrigung. Und - jetzt kommt etwas Ungeheuerliches und Du darfst es nicht als billige Phrase auffassen - so sollten wir uns eigentlich entgegen unserer Natur freuen, leiden zu dürfen und vielleicht dabei ab und zu an unsere armen Brüder zu denken. Nimm Dein Leid, ich meine nicht nur Dein Körperliches,

als eine besondere Fügung und Liebe Gottes und trage es, wie man ein Geschenk empfängt. Dann setztest Du in Deiner gläubigen Annahme allem die Krone auf.

Willi, ich weiß nicht, warum ich Dir gerade heute, an Deinem Namenstag vom Leiden schreibe. Vielleicht weil mein augenblicklicher Zustand sehr der Erlösung bedüftig wäre, weil inner Qual mich nicht zur Ruhe kommen lässt. Vielleicht, weil aus brüderlicher Verbundenheit mit Dir fühle und Dir dieses tröstliche aber schwere Wort sagen wollte. --

Nun ist Hugo auch weg und Du ganz allein. Schade. Aber der Krieg fordert Opfer von uns allen. Bringe Du das Deine. Zum Heile unseres Vaterland, auf dass es nach vielem Leid wieder zu Christus finde.

In der Pfarrjugend denke ich, dass Beatus die Sache übernimmt. Du musst ihm viel helfen und auch den jungen Führern. Von unseren Führern draussen schrieb Philipp am 17.5 aus Holland, Friedel aus Nordfrankreich. Heini Müller aus Brüssel. Anscheinend geht es ihnen allen gut. Gott sei gedankt.

Von den beiliegenden Karten ist die Hälfte (durchgeschrichen) für Dich, die andere für Huth (nach dem Komma alles durchgestrichen). Die Rosenkränze waren bestellt vom Alois und ??.

Schreib einmal bald, wie es um die Arbeit in Steele steht und um Dich.

Heil Dir Hans.

Gruß den Deinen.

Wenn Du mir ein Heftchen von der Bruderschaft besorgen könntest, wäre ich Dir dankbar.