Philipp Dürfeld an Willi Büse, 21. Oktober 1940

den 21.10.40

Lieber Dotz!

Deinen Brief bekomme ich erst heute in die Hand. Ich teile nämlich Deine Passion für Lazarette u. hatte mich deshalb für 3 Wochen in eine solche ehrenwerte Pension einquartiert. Beim Militär lieb ich eben die Abwechslung. Ich hatte also Ruhe, die hier z. Zt. viele Anhäger hat. Gestern oder vielmehr Samstag bin ich nun entlassen worden u. habe mich am Abend meiner Komp. wieder zur Verfügung gestellt. Das Lazarett hat sogar Rücksicht auf meinen Hang zur Abwechslung genommen u. mir Erholungsurlaub befürwortet. Es hing nun alles vom Truppenarzt ab, der

nun - nach einigen pflaumigen Darlegungen über verborgene Schönheiten gewisser Krankheitsarten - mit unserem Spieß sprechen will. Vorläufig bin ich erst mal drei Tage ???dienstkrank. Wenn also keine Komplikationen eintreten, kann es passieren, dass ich eines Tages wieder in Steele eingetrudelt komme. Wie gesagt, es kann! ... Denn beim Kommiss ist kein Ding unmöglich (d.h. so leicht möglich).

Pech ist, dass Erich seinen Urlaub bereits um hat. Er hätte die Sache um 10 Tage verschieben sollen. Aber vielleicht ist Hugo bis dahin da, u. die mediz. Versuche werden wohl bis dahin bei Dir auch abgeschlossen sein, oder gedenkst Du Dich zu etablieren?

Betr. Steele schrieb mir Erich manches Genauere. Er fand die Woche für

Steeler Begriffe sehr gut. Er schrieb auch von geplanten Vorbereitungsabenden; diese Idee hatten wir ja schon früher im Dekanat angeregt. Es könnten da, wie E. meint, Dr. Steinberg(?), Angenendt usw. zu Wort kommen; seines Wissens habe Fu. die Sache grundsätzlich als gut und annehmbar bezeichnet. Es wäre ja prima, wenn die Zeit langsam reif würde! Mich interessiert die Arbeit in Steele im Augenblick - man ist "in Ruhe" d.h. hat wieder Zeit zu vernünftigen Gedankengängen - sehr.

Wie Du schreibst, macht Hans den nächsten Brief wieder. Ich weiß nicht, ob das besonders günstig ist (Gründe zuerst berufl. Art; ich hatte darum Erich vorgeschlagen, den nächsten zu schreiben, weil er wohl i. Augenblick die meiste Zeit hat.) Es mag gut sein, zusammenzufassen u. solide Grundlagen zu schaffen; aber man soll nicht zu viel Vorbereitung

betreiben: entweder ist Geistiges da od. nicht da bzw. nicht mehr da. In keinem Falle sollte man komprimieren, sondern die Gedanken zum Durcharbeiten geben; festhalten oder systematisieren lassen sich diese so wie so nicht: Der Geist weht, wo er will. Denn schließlich sind diese Briefe "Kriegsbriefe" u. als Ganzes gesehen doch nur Vorbereitung. Denn ich denke mir, dass wir das nach dem Krieg nicht aufgeben, sondern vertiefen u. weiterführen. Was sagst Du übrigens dazu, dass W. Antkowiak Gefreiter geworden ist? Leider habe ich seine Adresse verloren; ich muß sie mir mal wieder besorgen. Ich habe lange nichts mehr von ihm gehört.

Heute ist unsere Kompanie zur Beerdigung eines Hauptm. unseres Btl. weg (Unfall). Ich als "Kranker" bin hier geblieben. Hoffentlich klappt der Urlaub! Dir alles Gute

Dein Philipp