Erich Bonsiepen an Willi Büse, 10. Oktober 1941

Rußland, den 10. Oktober 1941

[…]Tagen der Gruß von Dir u. Philipp von ... Elli" kam, war ich froh. Froh war ich, daß auch in diesen Tagen Leute auf Urlaub kommen u. froh war ich, von Dir mal wieder etwas zu hören. Weißt Du, manchmal wartet man hier draußen auf ein kl. Zeichen von Euch u. wenn dann nur ein ganz kurzer Gruß kommt, ist es gut. Ich weiß, daß es nicht immer ganz einfach ist, zu schreiben. Bei mir hat es im Zivilleben auch immer lange gedauert. Heute will ich mich mit Dir mal etwas unterhalten. Ich habe Nachtdienst u. da ist gute Gelegenheit dazu. Nicht, weil ich sonst etwa lange Weile hätte, schreibe ich, sondern ich will mit Dir mal wieder über alle Dinge reden.

Mit einigen Dingen von mir, - vom Krieg - , will ich beginnen. Als ich Dir zuletzt schrieb, lagen wir längere Zeit an einem Ort, wo ich mich so recht mit "Land u. Leuten" befassen konnte. Ich hatte da zum ersten Mal Gelegenheit dazu, den Menschen kennen zu lernen. Viel war ich in der freien Zeit unterwegs u. wenn ich heimkam, schrieb ich viel davon auf Blättchen nieder. Wenn ich Gelegenheit habe, will ich diese losen Gedanken u. Blätter sammeln u. niederschreiben.

Dann waren die Tage in diesem Städtchen um u. es wurde an der Front wieder lebendig. "Südlich vom Illmensee" stand in den Zeitungen u. wir wurden zu diesem Zweck mit in die ???-Höfen vorgezogen. Harte Kampftage waren es u. mir wurde es in diesen Tagen klar, daß ... nicht eine Waffe ist, die ihren Sinn vorwiegend .... Heimat erfüllt, sondern ganz vorn bei der Infanterie ... hat. Der Russe hatte uns Panzer mitge?? ... setzte man unsere Flakkanonen als ??? ein. Aber auch da ganz vorn, wo der .... Mann gegen Mann" steht u. den russischen

Fliegern ausgesetzt ist, ist es.... Flugabwehr eingesetzt sind. Ich denke... Willi Antkowiak schrieb: "Die russischen ... sind so, daß sie den einzelnen Mann jagen ... Tage da ganz vorn waren hart. Allerdings spürt... selbst die Gefahr kaum. Man kann nur ganz einfach u. schlicht "Soldat" sein. Soldat in des Wortes feinster Bedeutung. Anderen Menschen helfen zu können ist schön. Es braucht ja nicht immer die Hilfe aus unmittelbarer Gefahr sein. Viel mehr gibt es noch. Viele der jüngeren Kerle sind dankbar, wenn sie bewusst u. konkret angesprochen werden. Wie herrlich ist mancher junge Mensch in solchen Tagen.

Dann wurde es etwas ruhiger und man zog uns zum Schutz der Vormarschstraßen zurück. Wir glaubten schon, es sei für uns Winterquartier und fingen an, uns ??? zu bauen. Seit einigen Tagen "rollen" wir wieder. Noch vor Winter sollen einige wichtige Punkte gewonnen werden, um dem Feldzug eine einstweilige Entwicklung aufzuzwingen. Ob wir uns nun Petersburg od. Moskau nähern, lässt sich aus der Marschrichtung noch nicht ganz feststellen. Aber es geht vorwärts u. das ist viel wert. Was ich nie für möglich gehalten hätte, ist eingetreten. Der Russe rennt, wo er nur kann. Die letzten Sondermeldungen sind wieder sehr bezeichnend u. lassen darauf schließen, daß eine Entscheidung fallen muß. Wo uns die Wege noch hinführen u. wo wir uns nicht noch wiederfinden, wissen wir nicht, ist ja auch im Augenblick gleichgültig. -

Ich schrieb Dir in den letzten Briefen viel von ... russischen Banden u. wie ich Sumpf, Steppe ... erlebte. Dieses Erleben steigerte sich ... in den Monaten des Feldzuges. Heute ist es so, daß ...

.... sehr lieb gewonnen habe ... neben Hitze u. viel Staub dazu .... ich auch am Staub meine Freude. Jetzt ... Kälte u. der scharfe Wind. Wir haben hier schon mehrere Grad kalt. Wenn oft der Wind über die Steppe fegt, dann denke ich, das ist Russland! Wir können es erleben. - Augenblicklich hat der Wald eine so herrliche Herbstfärbung, daß ich mich täglich daran erfreue. Du kannst Dir keinen Begriff davon machen, wie endlos u. wie herrlich hier der Wald ist. Durch meine pflanzensoziologische u. geologische Arbeit weitet sich der Blick für diese Dinge immer mehr. Meine Sammlung ist prächtig. Sie zeigt einen Querschnitt der Flors durch Ostpreußen, Littauen, Lettland bis tief in die äußerst schöne Waldei-Höfen(?). Was ich wegen Zeit u. Platzmangel nicht gesammelt habe, habe ich notiert. Noch ist nicht entschieden, ob wir den Winter über hier bleiben, denn die kommenden Ereignisse können eine Wendung bringen. Wenn wir aber hier bleiben, bin ich froh dabei. Nur müßte man sich für den Winter mit Material eindecken, damit die langen Wintertage genutzt werden können.

Man schrieb mir, Du seist für einige Tage mit Hans am Main gewesen. Ich denke, die Arbeit u. das Arbeitsfeld von Riemenschneider und Grünewald haben Euch viel gegeben. Schrieb mal davon u. wo ihr überall gewesen seid, da ich den Main ja auch zum Teil kenne. Die "festlichen Tage" werdet Ihr ja in Steele mit- ... gefeiert haben. Ich war übrigens über die ??? erstaunt. Habt Ihr vom Kreis aus das ??? unternommen. Schreib doch auch mal Einzelheiten ... über Primiz und Hochzeit. Übrigens wäre es ... wenn wir den Leuten draußen von ... Dingen der Tage schreiben, damit .... schicken können, schreibe mir doch auch

von diesen Dingen, da ich über diese... informiert bin.

Hast Du damals mit meinem Boot noch ... Ich hoffe, es hat Euch noch gute Dienste getan. (Mein Füllhalter streikt, ich schreibe also mit Blei weiter.) Hugo ist glücklich, daß er in Frankreich ist. Kann ich verstehen. Ich freue mich über Hugo, wie der sich über einige Jahre hinaus so prächtig entwickelt hat.

Schnubbel ist ja jetzt auch auf der Abtg. Schule. Ich glaube, über Schnubbel brauchen wir keine Sorge zu haben, selbst wenn er bei der Marine bleibt. Er ist zwar etwas "flatterhaft", aber das legt sich, sobald er zur Ruhe gekommen ist.

Willi Leving scheint ja auch ausgerückt zu sein, denn mein letzter Brief kam zurück.

Von Heinz Sponheuer und Alois Schempersh. hörte ich lange nichts.

Willi Antkowiak schrieb aus harten Kämpfen im Osten. Er erlebt das Land in ganz besonderem Maße und war schon an vielen Frontabschnitten dabei. Ich soll Euch von ihm grüßen, da er kaum Zeit hat, zu schreiben.

Jetzt habe ich noch eine Bitte an Dich. Schick mir doch das Reklamheftchen über das Verzeichnis aller Reklambändchen. Wenn wir nämlich hier bleiben, ist ein Reklamheft die einzige Literatur für uns, da wir nur 100gr. Päckchen schicken lassen können. Ich habe mir schon andere Bücher "broschiert" bestellt die man in Deutschl. auseinandernimmt u. sie mir dann in 2-3 Päckchen schickt. Die Einzelteile setze ich dann hier wieder zusammen. Wenn Du mal zur Buchahndlung kommst, so halte doch mal Ausschau nach Büchern aus dem Gebiet "deutsches Dorf - Dorfgestaltung - Kleinstadt". Ich will mich mit diesen Dingen im kommenden Winter beschäftigen.

Heute fiel übrigens der erste Schnee und verwandelte ... in Winter. Dazu ist es einige Grad unter Null. Grüß alle in der Heimat, auch "??? Huth".

Dir meinen besonderen Gruß recht herzl. ...