Philipp Dürfeld an Willi Büse, 5. Dezember 1941

Oberwiesenthal, den 5.12.41

Lieber Willy!

Für Deinen Brief vom 27. XI sei bedankt. Es ist gut, dass Du frühzeitig organisiert hast; wenn ich komme - ich hoffe, dass der Urlaub so 10-12 Tage vor Weihnachten starten kann - hätte ich doch nichts mehr bekommen. Mir geht es gesundheitlich bereits ausgezeichnet. Die Wunde ist fast verheilt, sie eitert nur noch etwas. Da unser E.- Batl. in Belgien liegt, wird der Urlaub von hier dort eingereicht, was immerhin sicherer ist.

Du schreibst, dass auch Willi Lewing an der rechten Hand verwundet sei? Liegt er irgendwo im Lazarett? Bei unserem Angriff haben wir 30% Ausfall gehabt. Von Erich bekam ich nach langer Zeit jetzt einen Brief nachgesandt; er ist noch wohlauf; auch Willy Antkowiak existiert noch. Dass A. Butterwegge gefallen ist, hörte ich von zu Hause. Man schrieb mir auch Fr.J. Fluck sei vermißt? Das ist in den undurchdringl. Wäldern leicht möglich. Erich liegt jetzt in der Nähe von Leningrad, in den Gegenden, wo wir uns herumgetrieben haben. Wenn die Abteilung irgendwo festzuliegen kommt, hat er Aussicht auf Urlaub. Auf unserem Rücktransport stiegen einige der Flak zu, die auf Urlaub fuhren. Für die Infanterie ist das neuerdings unmöglich.

Ich habe schon an Hans geschrieben - er ist wohl Weihnachten zu Hause - dass wir im Kreis in dieser Zeit

einiges tun könnten, da wir mit 9 Mann hoch sind, falls Irmgard kommt. (Mit P. Rönz sogar zu 10) Singen werden wir ja wohl, vielleicht lässt sich auch ein Kreis mit Ansprache machen. Vielleicht empfindet auch allgemein das Bedürfnis dazu. Ich hatte Hans auch für Jungmannschaft u. Jungenschaft etwas vorgeschlagen. Ich hoffe, dass er dort, schon einige Vorarbeit leistet, falls Examenssorgen nicht zu stark hinderlich sind. Ich erinnere mich, dass auch Im Inselverlag noch einige Bändchen vorhanden sind; falls Du wieder mal auf Büchersuche bist, könntest Du für mich daran denken. An ????sachen wird ja wohl noch einiges da sein, wenn ich komme. Du bist ja wohl abends zu Hause; ich komme dann bei Dir vorbei.

Hugo schrieb mir ebenfalls; er betätigt sich als Museumsbesucher von Paris; von Rodin z.B. hält er nicht viel, nur die Bürger von Calais haben ihm gefallen. Da er mir eine Karte davon schickte, bekommst Du Arbeit: Du mußt mir die Sache vergrößern zum Einrahmen: das Foto ist nämlich gut.

Dienstag war hier der Pfarrer des Bezirks da; er besucht die Lazarette alle vier Wochen; da hier Diaspora ist, macht einen Bezirk - er ist 30 Km groß - im Sommer per Fahrrad, im Winter auf Schneeschuhen durch; als er mir erzählte, er sei als Vertreter dieses Gaues damals in Trier damals auf der Jungen-Tagung gewesen, interessierte er mich sehr. Ich hoffe ihn Dienstag - wo er hier wieder Religions... im Dorf abhält - wieder u. werde einige Gedanken ... austauschen. Das Nest hier ist protest., das nächste ... gehört zum Sudetengau u. ist katholisch. E... man kirchlich, diesen Ort ruhig zum nächsten...

er ist keine 10 Minuten entfernt. Der Pfarrer dort gefällt mir allerdings garnicht und das Gemeindeleben kommt mir wie ein Mauerblümchen vor, das nicht die Kraft hat, sich zu entfalten. Predigt und Gesang sind direkt einschlafend; über den Advent sprach er nach altbekannten Mustern. Der Diasporapfarrer schien mir etwas feiner zu ein. Hoffentlich habe ich mich nicht getäuscht.

Meine restlichen Tage verbringe ich damit, die Gegend etwas näher kennen zu lernen; leider fährt der Autobus nicht, sonst wäre ich nach Karlsbad gefahren. Vorgestern ist wieder Neuschnee gefallen, der alte war schon zu Eis geworden. Darum geht es heute Mittag zum Rodeln. Auf den Skiern habe ich mich noch nicht versucht. Man muß dabei eine riesige Körperbeherrschung haben: Ich war vorige Woche auf der Sprunganlage; es ist fabelhaft, wenn man "fahren" kann. Die Luft ist wunderbar rein. Darum schmeißt man uns auch jeden Tag hier heraus.

Das Mittagessen u. die Post lockt. Zum Schluß laß es Dir dann recht gut gehen. Einen Gruß Dir u. der Gemeinschaft. Dein Philipp

NB: Erich ist übrigens Gefreiter geworden. Wie er das bei seiner Vergangenheit fertig gebracht hat, hat er mir allerdings nicht geschrieben.