Erich Bonsiepen an Willi Büse, 7. Dezember 1941
Rußland, den 2. Adventssonntag 1941
Lieber Dotz!
Wieder ist Weihnacht! Die Gedanken gehen weit zurück zu den Jahren, als ich noch zur Weihnacht daheim war. Ich denke an die ersten Kriegsweihnachtsfeste in Telgte u. dann später irgendwo in der nordischen Heide. Bei all den Jahren schien es, als erfahre das Fest in jedem Jahre eine Steigerung und nun ist es dieses Russland. - -
An der Umwelt merkt man kaum etwas davon, das Weihnacht sein soll. Wohl reden die Kameraden vom nahen Fest. Doch sehen sie nur allgemeine Dinge dabei. Kann man da von Frieden sprechen, wo die ganze Welt in Waffen starrt. Die Stadt in der wir jetzt liegen ist total vom Krieg zerstört u. die russische Artillerie schießt noch in die Stadt hinein. Trotz, trotz allem ist "Friede auf der Erde". Es ist jener Friede, den wir Weihnachts-
friede nennen. Wollen wir nun diesen Frieden beten, den uns die Welt nicht geben kann. Das göttliche Kind klopft wieder an u. bittet um Herberge. Ob die Welt die innere Bereitschaft dazu hat? Die Mühen derer sind sehr licht geworden u. die, die wir geblieben wollen umso bereiter sein.
Den Tag selbst verbringe ich mit ein paar Kameraden, die mir in den langen Monaten des Feldzuges tatsächlich Freunde wurden. Dann gehen die Gedanken mit zum ??? u. daheim wo die Brüder stehen. Alle sind dann an jenen Weihnachtstagen dabei. Besonders gehen dann die Gedanken zu denen, die nicht mehr dabei sein dürfen.
Wir sind dabei, eine Weihnachstfeier für die Battr. zu gestalten. Ein Freund, der Organist, hat nun ein paar Weihnachtslieder
(übrigens nach unserem "Kirchenlied") vierstimmig gemacht, die wir jetzt als Chor einüben. Er spielt noch einige Varianten von Bach u. die norwegischen Tänze von Gring(?). Ich spreche ein Gedicht von Konrad Ferdinant Meyer u. lese vor aus ??? das Weihnachtsmärchen vom 15. Regt. von Walter Flex. Ein paar andere Kameraden sind dabei für den fröhlichen Teil zu sorgen, ??? ??? ??? ??? ja selbst keine Weihnacht feiern kann. Ich habe es schon als Wohltat empfunden, daß der ??? zur Verpflegung sehr dünn anrollt, denn sonst gäbe es am hl. Abend eine Besäufnis, die[!?] mit einer Weihnachtsfeier nichts mehr zu tun hat.
Wir sind vor einigen Wochen wieder .... nördlich gezogen u. dem "Ring" vor Petersburg sehr nahe gekommen. Es ist eine alte Stadt, wo wir z. Zt. sind. wohl die älteste ???stadt des Landes. Prächtig sind Kremel (zu Deutsch: Burg) u. die Kirche der Hl. Soglia, beide um 1050 erbaut. Lange war ich da, um ??? ihren Ursprung zu erkunden. Es ist eine ganz andere Geistesrichtung als bei uns in Deutschland u. ihr Einfluss scheint sehr stark östlich herzukommen. Manchmal ist diese Art mit einer unserer süddeutschen Landknecht ähnlichen Art vermischt. Ob hier deutsche Baumeister waren? Dir noch ein gesegnetes Fest u. brüderlichen Gruß
Dein Erich
Von Willi Antkowiak soll ich grüßen, er sitzt in der Ukraine