Otto Richter an Willi Büse, 20. November 1942
Kaukasus, 20.11.42
Mein lieber Dotz!
Nun ist unser aller Wunsch in den Kaukasus zu verlegen endlich in Erfüllung gegangen. Seit etwa drei Wochen liege ich nun hier, nicht unweit vom höchsten Berg des Kaukasus, dem Elbus. Man kann ihn bei schönen, klarem Wetter recht gut sehen. Es ist ein Bild der Machtfülle, fast gigantisch, mir kommt es wenigstens so vor, weil ich noch nie Berge solchen Ausmaßes und solcher Höhe sah, da ich noch nie in Süddeutschland war. Am 1.11 haben
wir verlegt vom asowschen Meer aus und schon in wenigen Tagen waren wir in unserem neuen Einsatzort. Es ging per Bahn, per Landstraße wäre mir schon lieber gewesen. Ich habe des nachts in einem LKW geschlafen, habe kaum gefroren, trotzdem es doch schon kalt war. Je mehr wir nun bei der Bahnfahrt in den Kaukasus hineinkamen, umso freundlicher und schöner wurde das Wetter. Und so haben wir nach unserer Ankunft noch 2
schöne Tage hier unten gehabt. Doch mit einem mal war alles vorbei. Über Nacht setzte starker Frost und Schneefall ein und es wehte ein eisiger Wind. Dann kam Tauwetter, Regen und viele andere unerfreuliche Dinge und bis heute ist alles ein Klumpen Dreck und Fütze. Wenn ich des Abends nach Dienst zu unserem Quartier muss, nehme ich ein Schlammbad und für die Strecke bis zum Quartier benötige ich eine 3/4 Stunde, wogegen bei gutem Wetter 20 Min
vollauf genügen. Ja, Dötzchen, so ist das hier, aber daran bin ich ja gewöhnt.
Nun zu Dir, Du Schlot, was machst du noch? Fehlt Dir das Briefpapier, damit Du wieder schreiben kannst? Wenn ich im Frühjahr in Urlaub komme, fehlt Dir ein Ohr.
Ich wünsche Dir und allen anderen vom Kreis ein frohes glückliches Weihnachtsfest und Neujahr.
Wünsch Dir was
Dein Otto
Bleibe vor allen Dingen gesund und munter.