Anni Bleimann an Willi Büse, 11. März 1943

Köln am 11. März 1943

Gott zum Gruß,

und Dank Ihrer getreuen Nachricht! Zuvor hatte ich schon von Gerta und Mia gehört, daß von allen uns bekannten Essenern niemand Schaden nahm. Gott sei Dank! Und hoffentlich ist es auch um Kapl. R. gut!

Irmgard wird dann ja wohl auch in diesen Tagen heimkehren. Leider ist die Heimat ja keine Stätte zum Gesundwerden, da soll sie nur schleunigst nach Nauheim fahren.

Die nächtlichen Angriffe nehmen stetig an Stärke zu. Ist es nicht, als ob die Waffen immer furchtbarer und

menschenunwürdiger werden?

Der letzte Angriff entlud sich über unserm südlichen Stadtteil, bei dem meine nähere Umgebung gnädig abkam, obwohl die nächsten Bomben Volltreffer waren und die gegenüberliegende Maschinenbauschule trafen. Not und Elend sind allenthalben groß. Eine Kollegin verbrannte unter den Trümmern des Hauses, eine mir bekannte junge Frau ertrank durch einen Rohrbruch mitsamt ihrem dreijährigen Buben. Und so könnte man endlos berichten.

Dank sage ich Ihnen für die Anschrift von Wassenach. Wir sind zu dritt dort im Gasthof Pörsch angemeldet, nun bräuchte ich noch ein Unterkommen für einige Düsseldorfer Mädels. In deren Namen als Dank für Ihre

Mühe. Hoffentlich kommt es dann wirklich zu dem geplanten Treff!

Es ist 20 vor 11.00. Eben ging die Sirene und jetzt setzt auch der Beschuß ein. Dabei ist die Luft noch voller Nebel und gestattet kaum eine Sicht. Wäre Frieden, wie wollte man diesen beginnenden Frühling leben!

Gute Grüße Ihnen und allen und weiterhin Gottes Schutz und Segen,

Ihre Anni Bleimann