Peter Paas an Gisbert Kranz, 8. März 1940

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Lieber Gisbert!

Gruß Dir, Heil und pax!

Traute Grüße und Zeilen kommen von der Heimat, vom Vaterhaus aus Bonn. Sie sind garnicht zu bezahlen. Wenn man einmal draußen ist, dann sehnt man sich doppelt nach Hause. Anfangs ist es Neugierde, Tatendurst, was einen hinaustreibt. Jetzt ist man für jeden Gruß von Herzen dankbar. Besonders für Deinen Brief meinen besten Dank, denn ich hatte ihn nicht erwartet. - Albert wird Dir sicher erzählt haben von meiner neuen Tätigkeit. Könnte ich Dir weitererzählen. Aber das geht nicht. An meiner veränderten Anschrift wirst Du schon

gemerkt haben, daß es jetzt anders hergeht. A. Batterie, das heißt noch einmal von vorne anfangen, nochmals Rekrut werden. Hier heißt die Parole „Gelobt sei, was hart macht!” So schlimm hat es in der ersten Rekrutenzeit nicht hergegangen. Von morgens bis abends Dienst. Morgens ist man von Frühsport schon so müde, daß man sich wieder in Bett legen möchte. Aber dann geht es erst recht los. Dampf! Dampf! Aber was macht das einem alten Soldaten (7 Monate RAD. 6 Monate Flak) Man muß schon sehr auf Draht sein, will man vor dem Schlafengehen „einige” freie Minuten haben. Aber noch mehr muß man die ganze Woche auf der Hut sein, will man Sonntags ausgehen. Bis jetzt ist es noch immer gelungen. Am Sonntag war ich in der Complet. Oh die wohl vertrauten Klänge des Chorals, der Psalmen erklangen, da fühlte ich mich bei Euch. - Heute morgen hatte ich seit 2 Monaten

zum ersten Mal Gelegenheit, den eucharistischen Heiland zu empfangen und eine heilige Messe mitfeiern zu dürfen. Es traf sich schön, da heute Priestersamstag und Quatembersamstag ist. Ich hatte nämlich wachfrei, und die Kirche, ein Bau aus dem XI. o. XII. Jahrhundert (das wäre was für Dein Fach) liegt uns gerade gegenüber. Monsieur le curé erzählte mir, daß in unserem Standort auch ein Wehrmachtspfarrer sei. Ich muß einmal versuchen, ihn zu treffen. -

Und Du, Du schreibst große Arbeiten, studierst und liest. Jetzt erst weiß man zu schätzen, was man im Kasten gehabt hat. Ich glaube, es wird lange dauern, bis wir einmal die Ruhe und das nötige Sitzfleisch zum Studieren wiederhaben. Anfangs war man froh, daß man aus der etwas schwülen, überhitzten Luft, die an ein „Treibhaus” erinnert, des Postens hinaus an die frische Luft, an die Härte des Lebens kam. Jetzt sehnt man sie zurück. Denn die Innigkeit und Spannung unseres geistigen Lebens und Erlebens ist gesunken, wenn auch das äußere

Leben lauter scheint und aufdringlicher gegen uns anstürmt. Innerlich bleiben wir doch gleich, uns selbst treu. -

Noch einen guten Monat, dann wirds bei Euch auch wohl soweit sein. Dann sind die Herren auch Rekruten. Deine Ablehnung gegen die Flak kann ich nicht verstehen. Wenn schon eine Waffe wichtig ist, dann ist es die Flak. Das hat doch wiedermals der Einzug in Bulgarien gezeigt. Flak an erster Stelle. Wenn ich Dir etwas Gutes wünschen darf, dann wünsche ich Dir einen Gestellungsbefehl zu uns. -

Ich staunen nun selbst, wieviel ich fertig gebracht habe. Jetzt aber auch Schluß.

Dir, mein lieber Gisbert, Albert, Alex, Claus, Eugen, Rudi usw. allen Brüdern nochmals meine besten Grüße und Wünsche
Dein Peter.

8/III.40.