Johannes Kiel an Mutter Kranz, 24. November 1944
Bonn, 24. Nov. 1944.
Sehr geehrte Frau Kranz,
sehr danke ich Ihnen für die Mitteilungen, die Sie mir über das Schicksal Ihres Sohnes Gisbert machten. Mit Interesse habe ich die schönen u. herzlichen Worte gelesen, mit denen er seiner Eltern gedenkt - an Tagen, wo er deutlich merkte, daß eine ganz andere Welt vor ihm stand, als er sie bisher erlebt hatte. Und nun - so wollen wir hoffen, ist er in Gefangenschaft, - vielleicht schon in Amerika. Es kann sich ja noch immer ein Paar Monate hinziehen, ehe Sie von ihm ein Lebenszeichen erhalten. Aber ich meine, die sehr begründete Hoffnung haben Sie, daß er lebend Ihnen wieder gegeben wird. Ich möchte das umso mehr wünschen, als Sie schon den Verlust eines Sohnes zu beklagen haben. Ich spreche Ihnen dazu meine herzliche Teilnahme aus; wie ich das Gisbert gern u. oft beim hl. Opfer gedenken werde, - daß er es gut in der Gefangenschaft antrifft u. innerlich geläutert Ihnen zurückgegeben werde, so will ich auch Ihres verstorbenen Sohnes gerne gedenken. Behalten Sie den Mut u. das Gottvertrauen; denn da ohne wäre es zu schwer, die harten Heimsuchungen zu tragen. Auch Ihnen u. Ihrer Familie werde ich gerne gedenken. Sollten Sie irgend einen Bescheid bekommen, wäre ich Ihnen für eine kurze Mitteilung recht dankbar.
Mit frd. Gruß
Ihr Msgr. Kiel