Krieg und Kriegserleben: „Man kannte die Tendenz der Nazis, alles kaputt zu schlagen, was nicht NS hieß“

Josef Koll erinnert sich auch Jahrzehnte später noch an den Ausbruch des Krieges 1939. Er ist damals mit einem Freund unterwegs, als sie die Nachricht über den Kriegsbeginn erreicht. Besonders überrascht ist er nicht, denn „man kannte die Tendenz der Nazis, alles kaputt zu schlagen, was nicht NS hieß“.

Der Krieg bewirkt zunächst keine merkliche Veränderung in seinem Leben. Er bemerkt jedoch die Begeisterung der Menschen, die allerorts vorherrscht, während er im Kriegsausbruch hauptsächlich Probleme sieht. Er weiß jedoch, wie machtlos er gegen all das ist.

Nach seiner Entlassung aus der Haft bleiben Josef noch knapp zwei Monate, bis auch er zum Kriegsdienst eingezogen wird. Das Jugendleben, wie es er und seine Freunde kannten, nimmt nun ein rasches Ende. Bald schon wird Josef mit dem brutalen Alltag des Krieges konfrontiert.

Zunächst ist er in der Nachrichtenkaserne in Lindenthal stationiert. Dorthin kommen Vertreter der Division „Großdeutschland“ auf der Suche nach Soldaten und Leuten für den Nachrichtendienst. Josef tritt dort bei und kommt so erst nach Cottbus, wo er ausgebildet wird, und von dort weiter nach Smolensk.

Während des Krieges ist der Kontakt zu der Familie eine Seltenheit. Kommt einmal Feldpost, so ist das „ein Feiertag“, erinnert sich Josef Koll im Rückblick. Dass er oft nicht weiß, wie es seinen Eltern geht, ist für ihn eine große Belastung.

Schon früh wird ihm klar, dass es keine großen Aussichten mehr für Deutschland in diesem Krieg gibt. Josef erlebt den Krieg mit all seinen Schattenseiten: schlechte Verpflegung, mangelnde hygienische Verhältnisse und Verwundungen. Er und seine Kameraden leben mit dem Wissen, dass jeder Moment der Letzte sein könnte. Alle sind mit dem täglichen Überleben beschäftigt. Eine tiefere Auseinandersetzung mit der Situation oder gar ein Nachdenken über Widerstand ist nicht mehr möglich, zu sehr leben alle in den Schwierigkeiten und Gefahren, die jeder Augenblick mit sich bringt. Außerdem trifft Josef selten auf Menschen, mit denen er sich offen austauschen kann. In gewisser Weise bleibt jeder für sich, die Meinungen einzelner bleiben undeutlich.

Als Josef mit seiner Einheit kurz vor Moskau ist, werden sie eingekesselt. Von da an gibt es kaum noch Möglichkeiten für die Deutschen; der Rückzug wird angekündigt.