Wehrmacht: „Für mich begann eine herrlich aufregende Zeit“
Unmittelbar nach seinem Abitur wird Willi Anfang im Oktober 1940 zur Wehrmacht eingezogen. Wie seine ND-Freunde begrüßt auch er den Krieg nicht, ist jedoch von der Ungerechtigkeit der Reparationsleistungen, die Deutschland aufgrund des „Versailler Diktats“ erbringen muss, überzeugt. Auch rückblickend sieht Willi Strunck in der von ihm verfassten „Familien-Chronik“ seine erste Phase als Soldat positiv: „Für mich begann eine herrlich aufregende Zeit. Ich erlebte nun Tag für Tag und Woche für Woche neue Dinge.“
Nach seiner Ausbildung in Stendal und Rathenow wird Willis Einheit in verplombten Waggons durch Schweden nach Lillehammer in Norwegen gebracht. „Es war wunderschön, denn dort gab es noch alles zu der Zeit, was es hier schon nicht mehr gab.“ Die Soldaten glauben, dass sie von hier aus England erobern sollen. Allerdings haben die Briten - „Wir sagten immer: Die feigen Hunde!“ - auch Truppen in Norwegen stationiert.
Eine andere Dimension erreicht der Krieg Mitte 1941 mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion. Als die beängstigende Nachricht vom Bruch des Hitler-Stalin-Paktes und die Ausweitung des Krieges in Norwegen eingetroffen sei, so erzählt Willi Strunck, habe man das zunächst für einen Scherz oder eine diplomatische Finte der Gegner gehalten.
Doch schnell erweist sich die Eskalation des Kriegsgeschehens als bitte Wahrheit, und das Lied „Nach Ostland geht unser Ritt“, so erinnert sich Willi Strunck, das er zuvor „in unbeschwerter Jungengruppe“ gesungen habe, sei über Nacht traurige Realität geworden.
Seine Einheit wird durch Schweden und Finnland nach Nordrussland an den Polarkreis verlegt, wo er Ende Juli 1941 erstmals das wahre Gesicht des Krieges zu spüren bekommt. In den Tagen zwischen dem 26. Juli und 1. August, so wird Willi Strunck später zu Papier bringen, habe er dort „zum ersten Mal den Tod an mir vorbeigehen“ sehen. Allein seine Kompanie aus 180 Mann hat sieben Tote und mindestens 30 Verwundete zu beklagen – „alles Kameraden, mit denen man täglich zusammen war“. – Das alles hat wahrlich nichts mehr mit einer „herrlich aufregenden Zeit“ zu tun.
Hinzu kamen die arktischen Temperaturen in Lappland: „Wenn uns vorher einer gesagt hätte, dass der Mensch innerhalb von wenigen Monaten einen Temperaturunterschied von fast 100 Gad aushalten und überstehen könnte, hätten wir ihn sprachlos angeschaut und an seinem Verstand gezweifelt.“