Theo Hoffmann an Freundin Rosalie Schüttler, 28. Juni 1942
[28.6.42 Paris]
F.P.N. 32072
Liebes Röschen,
bin Samstagmorgen in Paris gelandet. Ich wohne in einem eleganten Vorort von Paris, so wie Marienburg , glänzende Schnellbahnverbindung, eine fantastische Villa in einem Park, großes Zimmer, luxuriös eingerichtet, ein Badezimmer für mich, im Keller viel gute Weine, es handelt sich um das [...] eines geflüchteten Juden. Wir sind als Ärzte aus der Mannschaft herausgezogen, machen überhaupt keinen Dienst. Der einzige Dienst hier: Mittagessen im Kasino. Es sollen hier Kriegslazarette aufgestellt werden, die später eingesetzt werden. Wie Du siehst, wir leben wie Gott in Frankreich: nachmittags und abends in Paris.
Doch weiß ich nicht, wie lange diese Herrlichkeit noch dauern wird. Wenn ich Glück habe, werde ich noch bis Anfang August hier bleiben können, wenn nicht, tant pis1.
Paris ist nicht mehr das Paris von 1936/37. Nicht mehr der berauschende Glanz und doch ergreift einen diese Schönheit der Stadt immer wieder. Jedenfalls
ist noch mehr Eleganz hier als bei uns ja in Friedenszeiten. Es lebt sich hier viel besser als in Deutschland.
1 Übersetzung: da kann man nichts machen
Die Franzosen haben das bessere Schicksal erwählt, sicherlich. Die Lieder sind sehr fröhlich wie immer – aber es gibt auch Ausnahmen – aber sehr zurückhaltend, ich bewundere das. Ich habe jetzt schon mehrmals in meinem alten Restaurant auf dem Montparnasse diniert – ohne Marken, man erkannt mich wieder, wunderbare Gunst, zwar teuer, ich war trunken vor Freude. Meine vielfältigen Beziehungen habe ich auch wieder aufgenommen, ich hoffe, dass sie von Nutzen sein werden. Man sieht hier mancherlei elegante Dinge in den Läden, aber teuer, sehr teuer. Wunderbare Schallplatten habe ich erworben, nun ist mein Geld erschöpft. Ich bekomme nur meinen Wehrsold und das ist nicht viel. Sehr ärgerlich. Es gäbe doch die Möglichkeit, wenn Du mir ein kleines Feldpostpaketchen schicken würdest, und Du mir ganz geschickt 50 Mark vorlegen würdest? - geschickt, sonst kostet es mich den Kopf. Ich werde sicher die Möglichkeit finden, es hier zu wechseln. Voraussetzung zu alle dem ist natürlich, dass Du es machen kannst. Es versteht sich von selbst, dass Du es gleich in Deutschland zurückgezahlt erhältst. Ich möchte es nicht über meine Eltern machen, weil ich hoffe, dass diese nur eine einmalige, erlaubte Postanweisung schicken und damit wären meine Ausgänge hier erschöpft.
Doch ich richte mich ganz nach Dir. Wie geht es Dir? Ich hoffe also, dass ich bald ein Briefchen von dir in Händen halten werde.
Sei herzlich gegrüßt
von Deinem Theo