Theo Hoffmann an Freundin Rosalie Schüttler, 27. September 1944

Mein liebes Röschen,

Budapest habe ich glücklich im Lazarettzug verlassen und bin in einem Reserve-Lazarett in Wien gelandet. Nebenbei, Budapest ist eine herrliche und elegante Stadt, ein Weltbad, von dem man so allgemein gar keine Ahnung hat.

Thermalbäder in allen Variationen, in Hallen, draußen in Wäldern, in Blumengärten, raffinierteste Installationen, elegantes Publikum, das von keinem Krieg weiß und ihn auch völlig ignoriert. Die Behandlung und Besserung meines Leidens macht nur langsam, sehr langsame Fortschritte, es ist allmählich zum Verzweifeln: trotz strengster Bettruhe und medikamentöser Behandlung kehren die Kolikbeschwerden immer wieder. Es ist eine Karlsbader Kur für mich vorgesehen, wer weiß, ob bei der Entwicklung der Ereignisse es noch zu einer solchen kommen wird!

Bestenfalls bedeutet diese für mich eine letzte Hoffnung. Wenn es nicht zu einer völligen Ausheilung dieser Affäre kommen sollte, dürfte nicht nur mein Beruf in seiner vollen

Auswirkung gefährdet sein....

Die Nachrichten, die man von Euch da in Köln zur Zeit hat, sind ja wahrhaft nicht die von guten Aussichten. Die beiden Briefe, die ich noch in Budapest erhielt und für die ich Dir herzlich danke, kennzeichnen ja zur Genüge die Lage und die weitere kommende Entwicklung der Dinge, die einem schon in

der Vorahnung so bekannt waren und die nun schreckliche Wirklichkeit werden.

Revolution des Nihilismus im Endstadium, welch eine Tragödie ohne gleichen für unser Volk, welch ein Weltenbrand!

Du, ich gebe Dir einen Rat, versuche in jedem Falle der Evakuation zu entgehen, eine Kriegswelle endet oft ohne größeren Nachdruck über einem Landstrich, es müsste denn der größte Brennpunkt sein, dem aber schon 2-3 km nebenan und weiter rückwärts eine relative Kriegsebbe entspricht.

Evakuierung nach hinten bedeutet Leiden ohne Ende und Verlust aller Selbständigkeit. Versuche abzuheben

an Geldern, was Du kannst, dass Du auch noch bei einem stark reduzierten Kurswechsel in etwa bestehen kannst. Hast Du gar nichts, hilft keine Überlegung mehr - Die Verwahrung (---) die Gelder werden (--) für die ewigen Zeiten und die Nachwelt bewahren. –

Meine Adresse in Wien laute: Wien XIII. Reservelazarett 6 D , Telefonnummer A 50-5-25 (Der Buchstabe muss mit eingegeben werden). Vielleicht gelingt es Dir, mich einmal anzurufen, meinen Eltern gelang es - Du kannst Dir denken, welche tiefe, große Freude das für mich bedeutete –während es mir umgekehrt nicht gelang! Ich halte noch strenge Bettruhe, aber zum Telefon ist es für mich nicht weit. Mit dem Essen war es in Budapest entschieden besser bestellt - , was sich , da ich so mehr nur beschränkte Auswahl habe, natürlich bemerkbar macht. Ich hatte so im Laufe der

letzten drei Monate rund 17 Kilo abgenommen; ich war eigentlich ja wie ein Lukullus im Fett. Gestattet ist mir jetzt Butter – und die gibt es zu wenig, allzu wenig und feines Fleisch und das ist knapp und selten. Mit einem Märkchen konnte man sich aushelfen, vielleicht auch ein paar Weißbrotmarken.

Ich habe bisher nur zwei Briefe von Dir aus Budapest erhalten, die übrigen werden wohl [...] zurückgehen, was Dir nun aber kein Gegenstand zur Beunruhigung zu sein braucht.

Schreibe mir bitte recht bald wieder, liebes Röschen, alles Gute für Dein Wohlergehen.

Wie immer der Deinige
Theo

27.IX.44

Entschuldige die schlechte Schrift, im Bette ist so schlecht zu schreiben.