Victor Hoffmann an Sohn Theo, 25. August 1943

Köln, 25/8. 43

Mein lieber Junge!

Deinen Brief vom 9/8.haben wir erst gestern erhalten. Ich beeile mich ihn zu beantworten. Gestern ging es noch nicht, da ich Großmutter beim Einkaufen helfen musste. Oma u. mir geht’s z.Z. soweit ganz gut. Oma hat zwar etwas unter der Tropenhitze gelitten, es ging aber doch. Ich sorge gut für sie und sie für mich u. es geht schließlich und endlich auch während meiner Abwesenheit - von Sonntag bis Mittwoch vom 1.- 4.8. - hat alles geklappt. Vroni Beuth hat sich so in rührender Weise ihrer angenommen u. Du musst ihr, d.h. der Vroni, mal einige nette Dankworte schreiben. Mutter und Josefa sind glücklich und gut in Hohwald, Elsass angekommen. Ich hatte ein Halbabteil II. Klasse von Köln bis Appenweier, die Station vor Straßburg, genommen, und sie hatten beide einen tadellosen Platz. Ich hatte beide bis Koblenz begleitet und fuhr von da direkt nach Königsmacker (Anm.:bei Thionville an der Mosel), wo ich meinen Möbelwagen schon vorfand, mit unverletzten Siegeln. Die Bauern haben mit Hilfe eines Schreiners das Ausladen u. den Abtransport nach Hasdorf tadellos bewerkstelligt, besser wie der .... ....., der sich auch als ein übler

Gelegenheitsmacher herausgestellt hat, mit dem ich noch ein Hühnchen rupfen werde. Doch darüber mal später.

Jedenfalls sind die Sachen in Hasdorf, die Bücher u. Platten beim Pastor in Inglingen tadellos untergebracht. Ich nehme an, dass Du meine Luftpostkarte von Hasdorf erhalten u. daraus das Wichtigste bereits erfahren hast. Aus Hohwald habe ich bis jetzt nur gute Nachricht. Die Reise verlief gut. Allerdings haben Zigaretten dabei eine gewisse Rolle spielen müssen, wie üblich. Die Luft, Höhenluft, etwa 800 m. ist prima, dazu schöne schattige Tannenwälder, die

Verpflegung wohl nicht mehr so gut wie früher, aber das immerhin noch gut. Ich habe aber schon etwas vorgesorgt u. nachgeholfen. Nur das Kriegsbrot, das allmählich auch in Elsass- Lothringen Eingang und Zwangskurs gefunden hat, ist schlecht. Josefa konnte es nicht vertragen u. hatte infolge dessen anfangs große Kolik, sie ist einige Tage länger geblieben und will am nächsten Freitag den 27.8. wieder nach hier zurück, denn Mutter soll es blendend gehen. Sie bleibt bis Ende September dort und geht dann nach Neuenahr. Ich bin da gewesen u. bekomme ab Oktober ein Zimmer in der Ahrge..(meinde?).

Hier geht’s wie gesagt, auch ziemlich. Fliegerangriffe haben wir seit Deiner Abreise kaum gehabt. Nur am Sonntagabend 22.8. eher in der Nacht hatten wir 2 mal Alarm u. es war ein großer Angriff anscheinend auf Leverkusen geplant, der aber wohl infolge der starken Wolkendichte nicht so richtig zum Durchbruch kam. Anderthalb Stunden lang von 12.20 - 13.45 hörten wir das

Summen der anfliegenden oder vorüberfliegenden Feindbomber. Die Abwehr war gut aber .... wenig erfolgreich, es fielen nur wenige Bomben im Kölner Stadtbezirk wohl mehr aus Versehen.

Aber am Donnerstag den 12.8. fand ein starker Angriff auf Wesseling und Bonn statt. In Wesseling befand sich Hermann Göring Werke zur Herstellung von synthetischen Laugen. Aber die haben sich glatt vernebelt und so wurde nur Bonn gefunden und schwer bombardiert. Ich befand mich morgens geg. 9 Uhr mit einem unserer Beamten auf dem Wege nach Bonn, um dort Bücher und Instrumente zu kaufen. Wir waren gerade in Wesseling angekommen, als der Zauber losging. Wir blieben etwa 1 Stunde in W. halten u. zu unserem Glück, denn die Trasse war unterwegs , ungefähr da, wo wir hätten sein können getroffen worden u. wir mussten nach kurzer Weiterfahrt in Hersel aussteigen u. zu Fuß nach Bonn tippeln. Bonn war bös mitgenommen worden, natürlich nicht so sehr wie Köln. Köln geht heute als sichere Stadt u. manche holen ihre Angehörigen aus Mittel-, Nord- u. Süddeutschland wieder nach Köln, weil es da sicherer sein soll. Hoffentlich trifft es zu u. wird der liebe Gott uns ein bisschen beschützen. Du sprichst eigentlich gar nicht über dortige Tätigkeit. Es würde mich doch sehr interessieren wo Du stehst und was Du treibst. Deine Rückreise scheint ja hochinteressant geworden zu sein. Inzwischen sind 2 Pakete von Dir angekommen, eins mit 2 paar Pelzhandschuhen, einem schmutzigen weißen Kragen, 3 Rasierklingen und 1 Kistchen Zigarren. Das Ding war so schlecht verpackt, dass ich auf „bestohlen“ tippte, aber das scheint auch wieder nicht der Fall gewesen zu sein, weil doch das Zigarrenkistchen unversehrt war. In dem anderen, dass tadellos verpackt war, befanden sich 3 medizinische Bücher. Lass mal recht bald wieder von Dir hören u. eingehender über Dein dortiges Erleben. Wenn es Dir mal möglich sein sollte etwas Sonnenblumenöl zu bekommen, dann sieh doch zu, ob Du nicht eine Blech - oder Aluminiumfeldflaschen zum Hersenden auftreiben kannst. Die muss doch in einem Lazarett zu organisieren sein u. einer zerbrechliche Glasflaschen kann man zu etwas Kostbares doch nicht anvertrauen. Wir waren ja alle entzückt u. so froh über Dein Ostpaket, auch eine Art Führerpaket aber eine ganz besondere Art. Daran werden wir alle noch eine Zeitlang Freude haben. So nun Schluss mein lieber Junge, ich umarme u. küsse Dich innig im Namen aller, dass hier alles klappt u. gut geht, dafür will ich mich schon mit aller Kraft einsetzen auch mit Josefa.
                 Dein Dich innig liebender Vater.

Von dem ..... habe ich noch keine Bilder, Mutter hat einen Film mitgenommen, um ihn in Straßburg entwickeln zu lassen u. der andere ist in Diedenhofen. Von beiden habe ich noch nichts gehört.