Annemarie F. an Theo Hoffmann, 17. Juli 1943

[Der Brief ist in französischer Sprache geschrieben und hier übersetzt.]

 

Rolandseck 17.Juli 1943

Mon galant compagnon d’un nuit inoubliable !
(Mein höflicher Begleiter einer unvergesslichen Nacht!)

Zunächst möchte ich Ihnen sagen, dass die „kleine Begleiterin der unvergesslichen Stunden“ und ich halbtot in Rolandseck angekommen sind. Die vielen Abenteuer dieser Nacht waren zu schwer für unsere 18 Lenze und in den folgenden Stunden haben wir den fehlenden Schlaf nachgeholt. Ich träumte in dem Zelt eines Kannibalen zu sein, der genau Ihre Züge hatte und daher war ich gezwungen, die Flak zu bedienen, ich hatte nicht

viel Ruhe. –

Aber was wollen Sie, dass ich antworte auf den langen Brief mit den bezeichneten Punkten unausdrücklicher Gedanken als vernünftiger Worte; und finden Sie es nicht, mein lieber Casanova, allzu kühn , ihre Verrücktheiten zu beschreiben, um sich dann einige Zeilen später dafür zu entschuldigen? Dies ist meine Meinung und ich weiß genau, was Sie nun sagen „ cela m’amuse!“ (das macht mir Spaß) , aber das ist mir egal, und das macht mir auch Spaß!

Das Seltsamste muss ich noch zum Schluss kritisieren (Sie haben vernünftig über den Fortgang gemutmaßt) und es ist Ihr großer Wunsch, bald eine Fortsetzung dieses verrückten Romans zu sehen; aber beruhigen Sie Sich: das große Wort „Dienst“ hält uns beide davon ab, Sie bei der großen Armee und ich bei der NSV, die

mir die geringste Freizeit verweigert; selbst der liebe Gott selbst kann mir keine schenken.

Übrigens gibt es einige Punkte zu beachten, die mir gebieten, mich nicht zu verlieben:

1. Ihre „Sympathie“ ist mir sehr zweifelhaft, denn Sie haben davon schon zuviel für andere schöne Frauen, die mehr Qualitäten haben als ein einfaches Mädchen des Volks.

2. Ich fühle mich nicht in dem Zustande, eine gute Figur an Ihrer Seite zu machen.

3. Ich schenke meine Zuneigung nur dem, der fähig ist, mich ein Leben lang zu lieben und nach meiner Beobachtung sind Sie das nicht. (Entschuldigung)

Vielleicht sagen Sie mir, was Sie über dieses Thema denken.

In der Hoffnung, dass Ihre Studien

über die weibliche Psychologie gute Fortschritte machen, möchte ich den offenen und hoffentlich nicht allzu irritierenden Brief schließen, nicht wahr?

Ich grüße Sie herzlich ....

....ohne Sie zu umarmen

....Punkt

Annemarie