Theo Hoffmann an Freundin Rosalie Schüttler, 22. Dezember 1943

22.XII.[1943]

Liebes Röschen,

Deine Briefe halten nun fast immer gleichbleibend Höhe, die ich bewundere. Dein Brief vom 1.11., den ich erst heute erhalte, es ist die letzte Post von Dir, mit der Wiedererinnerung des Evangeliums der Seligpreisungen. Ich habe es nachgelesen, es hat mich immer wieder ergriffen, dieses achtmalige Selig, welches, wie Du so schön sagst, allen Trost und alle Verpflichtung enthält. Welch eine verpflichtende Würdigung der menschlichen Existenz liegt darin, der man nachfolgen möchte und der man doch so fern ist.

Und wieder naht das Fest, nach dem sich die armen, gequälten Menschen so sehr sehnen als Ausgleich für die Wirren einer unverständlich gewordenen Welt, und wenn am Abend oder morgens in der Frühe, wenn der Mond noch scheint, in der Heimat die Glocken läuten, wollen wir einander gedenken, vergessen, wenn man einander geschmerzt, in der Unlust der Gefühle einander weh getan hat.

Der Deinige
Theo