Theo Hoffmann an Freundin Rosalie Schüttler, 8. Juli 1942

[8.7.42 – Paris]

Liebes Röschen,

ich sitze im Schlosspark von Sceaux , ich war eben im Schloss, es ist Mittag, vergangene Nacht gab es einen Gewitterregen, alles duftet so betäubend, die Bienen summen, alles ist so erregend. Gestern Abend war ich in Sacha Guitry’s N‘ecoutez, mesdames“. Er ist selbst Autor und Akteur – er spielt wunderbar, im Geist von Oscar Wilde in französischer Form. Ich war in Zivil und bin unerkannt geblieben, zum Glück. Ich möchte noch hier bleiben. Heute Abend gehe ich in das Palais de Chaillot, zu dem großen Orchesterkonzert: viele Russen und Franzosen werden gespielt. Heute Nachmittag werde ich in [...] gehen. Das ist ein großes elegantes Schwimmbad. – Für die Reichskreditscheine bin ich Dir sehr dankbar; denn es ist außerordentlich schwer und nicht gerade angenehm, deutsches Geld zu wechseln. Doch musst Du mit den Kreditscheinen Obacht geben, es gibt davon viele Falsche!! Der letzte war echt! Und zwar handelt es sich um einen geprägten Stempel von Pfenniggröße, der nur in auffallendem Licht sichtbar ist – natürlich auch zu fühlen ist, wenn man

mit dem Finger darüber hinweg streicht. Der Schein, den ich von Dir erhielt, war echt. Doch wie geht es Dir, liebes Röschen. Wie verbringst Du diese wundervollen, sommerseligen, sonnensatten Tage? Wie liebe ich sie, diese Wärme, auch wenn sie einen müde macht und ärgerlich schlaff. Diese Ile de France gewinnt in diesen Sommermonaten ein ganz südliches Gepräge, fast exotischer Natur. Dazu die Politesse dieser Menschen; diese liegt tiefer nicht nur in ihrer Rasse und Sprache, vielleicht ist es auch das unbewusste Wissen, in einem solch wunderschönen, reichen Land zu leben. Gibt es immer noch Bombardements bei Euch? Ich fühle mich hier fernab von allem Kriegsgeschehen, zuweilen hat man das unglaubliche Gefühl, im tiefsten, satten Frieden zu leben: Trotz all meiner inneren Vorbereitungen wird das Erwachen aus diesem Zustand, das früher oder später kommen muss, dunkel und überaus hart werden. Was mich beruhigt ist, dass ich hier innerlich weitere Fortschritte mache. Liebes Röschen, schreibe mir wieder recht bald von Köln, erzähle mir von Dir, von diesem wundervollen Sommer und sei herzlich gegrüßt.

Der Deinige
Theo