Gisela W. an Theo Hoffmann, 27. August 1943

Krakau , 27.8.43

Lieber Theo!

Leider habe ich von Dir noch keine Nachricht außer der aus Warschau. Da ich im Labor gerade wieder etwas Zeit habe, sollen ein paar Zeilen in Deine Hände gelangen. Du, eigentlich wollte ich Dich Tedd taufen, aber womöglich gefällt dir das gar nicht?

Vergangenen Sonnabend-Sonntag war ich zu Haus und habe bei dieser Gelegenheit meinen Magen ordentlich mit –Birnen vollgehauen. Und schön ist es sich wieder

einmal bedienen zu lassen, wo man hier alles allein besorgen muss. Sonst habe ich die Zeit nach meinem Urlaub mit dem Instandbringen meiner Sachen in der Hauptsache verbracht. Einmal war ich im Kino, das ist alles. Mit einem Wort: sehr solide. – Heute ist wieder ein sehr heisser Tag, Ich hatte vor, mit dem Alpenverein in die Tatra über Sonntag zu fahren, aber es ließ sich leider nicht durchführen. So werde ich mich Sonntag bei schönem Wetter ins Freibad legen, und vielleicht, wenn ich

die Augen geschlossen habe, werde ich mir einbilden, ich sei in Zoppot mit Dir und es gäbe keine Hindernisse zu überwinden, es wäre alles vom frühen Morgen bis zum späten Abend so wie wir es uns wünschten. Ach weißt Du, es war zu viel gegen uns, trotzdem wir denken doch hauptsächlich an die schönen Stunden, die wir verbracht haben.

Sag mal, hast Du nicht auch ein Bild mal von Dir? Meine, bessere hatte ich leider nicht, wirst Du ja inzwischen erhalten

haben. –

Deine Bücher habe ich damals in Zoppot abgeschickt, hoffentlich sind sie

gut angekommen, vielleicht kannst Du mir das mitteilen. Vergiss bitte nicht die Zulassungsmarke, hier kann ich keine bekommen, Du wirst die Handtücher sicher schon sehr vermissen.

Gestern Abend habe ich noch ein halbe Stunde zum Fenster rausgesehen und einer Radiomusik gelauscht u. a. „Ich möchte so gerne, ich weiss nur nicht was..“ Ich soll bald einen kleinen „Telefunken“ bekommen.

Ich warte so auf Antwort

Herzlichst Deine Gisela