Theo Hoffmann an Freundin Rosalie Schüttler, 6. Januar 1945
6.1.1945 [Poststempel
Liebes Röschen,
wieder bin ich in dauernder Unruhe um Köln, um mein Elternhaus. Es wird jetzt sicher das Unglück über sie hereingebrochen sein, ich kann es mir nicht vorstellen, dass sie noch einmal bei den dauernden Angriffen verschont geblieben sind. Und Du, liebes Röschen? Steht unser nettes Häuschen noch, in dem wir so viele schöne Stunden, vielleicht die letzten in dieser Vollendung erlebt haben? Deinen lieben, langen Brief und die Telegramme habe ich erhalten. Ich erhielt alles zusammen nach (---).Aber was ist nicht noch alles in dieser Zeit passiert! Man schleppt sich, Zusicherungen
gebend, so von Tag zu Tag.
Ich möchte Dir noch einmal für das Weihnachtspäckchen danken, liebes Röschen – weißt Du, es war von einer solchen Vollendung, dass man schlechthin sich nicht ausdenken könnte, was dieser Vollendung und Fülle noch hätte hinzugefügt werden können. Das Gebäck, es war von einem solchen delikaten Geschmack, dass ich Dir sagen muss, ich habe des pièces plus fines noch nicht gegessen. Und dann die Nüsse, die Äpfel, die kleine Wurst, alles lieb in einer Arrangierung, wie sie nur von Dir stammen konnte. Arrangierung à la Schüttler.
Mein weiteres Schicksal ist noch
nicht entschieden, vorerst hänge ich noch in Berlin fest, und muss Musterungen abhalten, blutjunge Burschen, die sich „freiwillig“ melden, eine stupide, langweilige, geistlose und darum wahrscheinlich so erschöpfende Arbeit; Tätigkeit kann man das nicht nennen. Dazwischen einige, kleine Angriffe, die aber bisher das Leben in der Stadt nicht allzu sehr störten. Ich war schon mehrmals im Konzert, gehe viel ins Kino und hole auf diese Weise die Kinobesuche von beinahe vier Jahren insgesamt nach.
Jetzt bietet die Stadt im ganzen einen trostlosen Anblick; heutzutage in ihr zu leben, ist nicht mehr reizvoll. Welch ein Unterschied gegenüber 1933,
als ich zum ersten male ein paar Tage in Berlin war – „gebt mir 12 Jahre Zeit und ich werde Deutschland in einen ... verwandeln“ –.
Hast Du die Festtage trotz der dauernden Angriffe ein wenig gestalten können? Ich wünschte es so sehr für Dich, weißt Du, Du hast so viele, liebe Worte in Deinem Brief für mich gefunden, tu me combles, habe ich es verdient? Ich möchte Dir noch einmal danken für all die Liebe und Fürsorge, die Du in Köln, als ich bei Dir war, gezeigt hast, nicht auch zuletzt für meine Lieben daheim. Es war ja so rührend, welche Mühe hast Du, Ärmste, auf Dich nehmen müssen – ich kann den Dank ja nie richtig abstatten.
Liebe, schreibe mir recht viel und oft, und wenn es nur kurze Berichte sind
Ich selber werde nicht können.
Lebe recht herzlich wohl und hab lieb
Dein Theo