Horst Schmitt an seine Mutter, 20. Mai 1942
Nagold, 20.V.42
Liebe Mutter!
Gestern bekam ich bald zu viel des Guten. Ein Paket von Dir und eine Karte von Vater. Ich auch lange darauf gewartet. Als ich las, dass es dem Vater wieder besser ging, war ich beruhigt. Vielen Dank für das Paket mit seinem leckeren Inhalt. – Von der Fahrt und der Ankunft habe ich Dir schon etwas erzählt. Nun etwas von unserem Leben hier. Wie gesagt, leben wir hier schon im Schwarzwald. Das merkt man überall; sowohl in der Bauweise der Häuser als auch im Aussehen und Sprechen der Leute. Die Gegend ist grossartig. Stelle Dir ein Tal vor mit drei Ausgängen. Es liegen nun zwei Ausgänge dem einen gegenüber. Diese beiden sind getrennt durch einen Berg, auf dessen Spitze sich eine Bergruine befindet, genannt Hohennagold. Ich habe dem Vater einige Ansichten zugeschickt. Er wird sie Dir dann zeigen. Ein Bild von unserem Heim ist ebenfalls dabei. Dies ist sehr schön eingerichtet. Jede Stube, wir haben deren 7 ist mit 8 Mann belegt. Dann gibt es noch 2 kleine mit 3 Mann Beleg. Auf diesen schläft der Zugf., ein anständiger Junge, und ich mit je noch 2 Jungen. Dann gibt es noch einen Speisesaal und einen Schulraum, sowie Schuhputzkeller und Liegehalle dort. Die Jungen sind alle zufrieden mit mir, auch wenn sie mal robben müssen, murren sie nicht. Es gute Jungen, wenn sie auch aus dem „Kohlenpütt“ kommen. Sie gefallen mir besser als die Bocholter. Näheres habe ich in dem Brief an Vater geschrieben. Die Gegend nun ist für unsern Dienst wie geschaffen. Die Burg
zum Geländespiel, einen Waldsportplatz, ganz in unserer Nähe, für den Sport, eine Badeanstalt und Plätze zum Exerzieren. Wir sind schon in mancher Beziehung gut aufgefallen. Gestern hatten die Nagolder Jugendfilmstunde. Da kamen wir an in Sechserreihen. Das machte Eindruck. Es fehlen uns bloss noch einige Uniformen. Dann klappt die Sache noch besser. Kurz gesagt, es macht uns allen, den Jungen sowohl wie mir, Spass, einige Zeit in der KLV zu verleben. Ich wollte, Du könntest Dir die Gegend hier ansehen. Vielleicht zu Pfingsten. Wie ich vom Vater gehört habe, fährst Du ja jetzt nach Bonn. Hoffentlich ist dann anständiges Wetter wie hier. Wir können es hier vor Hitze schon bald nicht mehr aushalten. Unsere Tage verlaufen immer nach dem selben Schema, und doch gleicht sich keiner dem anderen. Doch nun Schluss. Rudolf, Heinz und Jochen habe ich schon geschrieben, falls sie fragen, sage es ihnen bitte. Eine kath. Kirche gibt es hier in Nagold nicht. Das Beten vergesse ich nicht. Nun herzliche Grüsse an Helmut und Dich, liebe Mutter von Deinem Ältesten, der Dir keine Schande machen wird.