Horst Schmitt an seine Eltern, 25. August 1944

12

O. U., 25.8.44.

Liebe Eltern!

Vielen Dank für den Brief Nr. 8., den ich eben erhielt. Ich sitze augenblicklich, - es ist Dienstschluß und 20 h -, in einem leeren Munitionsbunker und höre wunderschöne Tanzmusik, nach der ich vor 3 Jahren schon bei Laaths meine ersten Tanzversuche machte. Schönste Erinnerungen tauchen auf und der Wunsch, bald wieder solches zu tun! – Seit 2 Tagen leben wir in einem Zeltlager. Unsere ganze Batterie ist für 8 Tage übungshalber ausgezogen, und wir liegen nun auf einer großen Wiese und leben in Zelten. Bis jetzt hatten wir schönes Wetter. Wenn jetzt der Komiß nicht wäre, wären dies herrliche Tage. Aber auch so ist es ganz schön und vor allem abwechslungsreich. In dem Dorfe, in dessen Nähe wir liegen, ist eine Kirche mit einer Glocke wie die des Agneskapellchens. Als ich sie heute Morgen zum ersten Male hörte, habe ich ganz intensiv an Bocholt gedacht. Die Täuschung war eine vollkommene!

Das Essen war heute Abend mal wieder groß-

artig. Zunächst haben wir Weißbrot mit leckerem Hartkäse gegessen. Dazu habe ich Buttermilch getrunken. Die Anderen vergnügten sich mit Vollmilch, auf der eine dicke Rahmschicht schwamm. Neulich haben wir einmal gepanschte Milch bei einem Bauer erwischt. Was haben wir dem Bescheid gesagt! Die Milch war aber noch viel besser als die Vollmilch zu Hause. Da haben Heinz und ich uns jeder ein Ei in die Pfanne geschlagen. – Es war bloß ein Ei, gewöhnlich sind es 3 oder 4 pro Nase. Zu normalem Preis von 12 Ppf. Dazu gab es Bratkartoffeln, die wir beide uns ebenfalls gebraten hatten. Ich kann immer wieder feststellen, daß wir schon viel auf diesem Gebiet gelernt haben. Heute stand auf dem Dienstplan den ganzen Tag schanzen. Ein Kabelgraben wurde gegraben. Früher habe ich immer geglaubt, man könne nicht eine Grasdecke mit dem Spaten durchstechen. Heute geht das spielend. Dazu bin ich noch der Stärkste von allen. So bleiben alle schweren Arbeiten für mich. Das ist weniger angenehm! Trotzdem gehts mir gut. Meinen besten Dank für die Abschrift der Fernimmatrikulation. So fängt also mein Studentenleben an. Viele Grüße

Euer Ältester.