Horst Schmitt an seine Eltern, 20. September 1944

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Dänemark, 20.9.44.

Meine Lieben.

Recht vielen Dank für Euren Brief Nr. 14. Ich kann Euch zunächst eine überraschende Angelegenheit erzählen: Wir hatten heute Nachmittag Feldgottesdienst. Auf freier Wiese haben wir die Messe gefeiert. Alle R.O.B. waren mitgegangen, und alle haben kommuniziert. Mit einer Generalbeichte für alle waren die letzten Hindernisse aus dem Wege geräumt. Eine Privatbeichte, bei dem jeder Einzelne zum Beichtvater geht, ist im Feldgottesdienst nicht möglich und nötig. Das Ganze war eine erhebende Feierstunde. Leider hatten wir einen gottgläubigen Wachtmeister bei uns, der sich ziemlich daneben benommen hatte. Auch diesmal haben wir wieder gemerkt, daß Komiß von komisch kommt. Der Nachmittag war noch nicht ganz ausgefüllt, und anstatt jetzt Rechenunterricht oder sonst irgendeinen Unterricht, worin das zu behandelnde Stoffgebiet ziemlich umfangreich ist, durchzuführen, haben wir Infanterie-Geländedienst, wo uralte Kamellen behandelt werden. Der Gedanke, daß dies alles bald vorbei ist, ist gewiß sehr tröstlich. Je eher, je besser. Wie jetzt bei uns bekannt ge-

worden ist, sind die Engländer in Holland mit Fallschirmjägern gelandet. Die Stadt Arnheim wurde genannt. Das sind ja keine 50 km mehr von Euch fort. Wie geht das nun mit Euch. Ist etwa von Evakuierung die Rede. Ich will doch nicht glauben, daß Ihr alles im Stiche lassen müßt. Ich bin ja mal gespannt, was Mutter nun macht, wo sie nicht mehr bei Marquart arbeitet. Hoffentlich strengst sie die Augen nicht zusehr an; denn eine Augenkrankheit ist der ganze Krieg nicht wert. Interessant sind ja die Gerüchte, die hier über den Einsatz der Schuljugend herumlaufen. Jetzt ist ja wirklich der Unterricht vollkommene Nebensache geworden. Gut ist, daß ich meine 8 Jahre noch einigermaßen „hingekriegt“ habe. Von der Universität erhalte ich jetzt schon des öfteren Schulungsmaterial. Demnächst soll ich auch einige Unterrichtsbücher bekommen. Wenn die Ausbildung, die kommenden Sonntag in 14 Tagen beendet sein soll (?), vorbei ist, werde ich sicher mehr Zeit zum Lernen haben.

Nun Schluß. Es grüßt Euch herzlich

Euer Ältester.