Freund Heribert an Horst Schmitt, 27. August 1944

Fialtring, den 27.8.44.

Lieber Horst!

Zunächst vielen Dank für Deinen lieben Brief. Nun will ich Dir gleich Deine erste Frage beantworten. Der Komiß gefällt mir ganz gut, d. h. jetzt gefällt er mir bedeutend besser als im Anfang. Ich bin jetzt 14 Wochen Soldat. Davon war ich 3 Wochen in Münster, 6 Wochen (die härteste Ausbildungszeit) in Lomborg (5 km von Lemvig entfernt) und nun 5 Wochen hier in Fialtring an der Küste, 20 m von der Nordsee! Von Fialtring bis Lemvig sind rund 15 km. Vor 2 Wochen war ich noch in Lemvig beim Optiker. Hin bin ich ein kleines Stück gefahren, zurück bin ich zu Fuß gegangen. Ein anständiges Stück von Lemvig bis hier an die Küste! Hätte ich gewußt, daß Du bei Lemvig liegst, hätte ich Dich sicher einmal aufgesucht. Gestern erhielt ich den 2ten Brief von Deinen Eltern und sie schrieben mir, wie schön es doch wäre, wenn wir uns doch gegenseitig „beriechen“ könnten. Dies kann auch in 5-6 Wochen der Fall sein. Denn dann kommen wir wieder sehr wahrscheinlich für kurze Zeit nach unserer Einheit in Lomberg zurück, von wo wir dann Abstellungsurlaub bekommen. Dann würde ich mich doch

wirklich freuen, wenn wir uns noch einmal vorher sähen. Ich bin bei den Panzerjägern und bin noch der Infanterie unterstellt. Ich trage die selbe Uniform wie der Infanterist. Wir sind motorisiert und möchte deshalb niemals mit dem eigentlichen Infanteristen tauschen; denn ich denke: besser schlecht gefahren als gut gegangen. Wir liegen hier zu 9 Mann und einem Uffz. getrennt in 2 Bunkern. Der Dienst und Freizeit ist wirklich prima. – Nun möchtest Du noch wissen was – Heinz macht. Seit März erhielten wir keine Nachricht mehr. Nachdem meine Eltern nun vor 8 Wochen an seine Einheit schrieben, erhielten wir nun von Heinz seinem Batteriechef die Nachricht, daß er sehr wahrscheinlich in Gefangenschaft geraten ist. – Hiermit will ich nun für heute schließen und sei herzlichst gegrüßt von Deinem Vetter

04740 D

Abschrift!

O. U., den 21.6.44

Sehr geehrter Herr Hoffmann!

Sehr verehrte Frau Hoffmann!

Ihr Sohn Heinrich wird seit Anfang April während den Absetzbewegungen im Süden der Ostfront vermisst. Nachdem alle amtlichen Suchmeldungen ergebnislos geblieben sind und Sie nach Mitteilung an die Batterie vom 12.6. von Ihrem Sohn seit März keinerlei Nachricht mehr erhalten haben, muss angenommen werden, dass Ihr Sohn wahrscheinlich in Feindeshand gefallen ist.

Ich spreche Ihnen, zugleich im Namen seiner Kameraden, bei den nun anhaltenden Kummer u. Sorgen meine wärmste Anteilnahme aus. Möge der Gedanke, dass Ihr Sohn äusserste Gefahren für die Grösse und den Bestand des deutschen Volkes und Reiches auf sich genommen hat, Ihnen ein Trost in den schweren Sorgen sein, die Sie betroffen haben. Wollen Sie nicht die Hoffnung aufgeben, dass Ihr Sohn nach einer siegreichen Beendigung dieses grossen Krieges doch noch wieder heimkehren wird!

Ich grüsse Sie in aufrichtigem Mitgefühl

gez. Trost

Oberleutnant u. Batteriechef