"Müsken" an Horst Schmitt, 12. Juni 1942

Bocholt den 12.VI.42.

Mein lieber Dicker!

Jetzt wird es ja mal wieder langsam Zeit, Dir aus dem „schönen kleinen Bocholt“ ein paar Grüsse hinüberzusenden. Ob Du mit dem „schönen kleinen Bocholt“ einverstanden bist, glaub ich ja nun allerdings nicht. Aber das bleibt sich ja ganz gleich.

Also nun mal recht viele herzliche Grüsse. Ich hoffe ja, dass Dich diese Zeilen in voller Gesundheit und Frische erreichen. Gott sei Dank bist Du gut mit Deiner Diphterie abgekommen. Das hätte auch schlimmer gehen können. Als Helmut mir an den Tonwerken sagte, dass Du an der oben gesagten Krankheit daniederliegst, da bekam ich doch wahrhaftig einen Schrecken. Da hast Du ja mal wieder Schwein gehabt. Glück muss der Mensch eben haben.

Das Leben gefällt Dir dort ja scheinbar ganz gut. Hans Wilk hat bis jetzt noch nichts von sich hören lassen. Werner sagte mir nur, dass er in Böhmen sitze. Bin ja mal gespannt, ob er sich dort so gut einlebt wie Du.

Das Leben geht hier in Bocholt immer noch seinen alten Gang. Das Stadtbild hat sich auch ein wenig verändert, wie Du sicher schon weisst. Die Nacht, in der es an vielen Stellen ordentlich brannte war bestimmt keine angenehme. Wir haben auch Glück gehabt. Das Haus, dass hinter unserm Garten liegt, hat auch eine Brandbombe mitbekommen. Bei Elsinghorst lagen 3 von dieser Sorte im Garten, und Moser ist eine ins Haus gefallen, und die ganze Strasse war ein Feuermeer. Wenn jetzt Fliegeralarm ist, geht bestimmt ganz Bocholt in den Keller. Das ist freilich Nachts sehr unangenehm. Da wirst Du Dich ja auch mal wieder dran gewöhnen müssen. Habt ihr dort eigentlich schon mal Flieger-

alarm gehabt?

Wenn der Krieg nun in diesem Jahre zu Ende wäre, dann könnten wir beide, gemäss unserer Abmachung, im nächsten Jahre unsere Deutschland Fahrt machen. Das wäre in Ordnung. Und wenn er nicht alle ist, dann fällt alles ins Wasser. Schade!!

Hast Du jetzt mit der Teutonenstrasse wieder freundschaftliche Beziehungen angeknüpft? Ulle hat mir’s schon erzählt. Du warst sicher ganz erstaunt, als ein Brief mit dem Absender „Teutonenstrasse“ eintraf. Kann ich mir lebhaft vorstellen.

Ich gebe Dir einen guten Rat. Halte ja fest. Was Du einmal hast, dass haste.
Also für heute nun einmal Schluss. Ich bin kein Ulle und kein Jochem, die Dir einen ganzen Roman schreiben. Aber ich hoffe ja, dass Du auch hiermit schon zufrieden bist.

Es grüsst Dich noch einmal recht herzlich
Dein treues
Müsken
Auch meine Eltern lassen recht herzlich grüssen.

Hoffentlich lässt das Rättchen mal bald etwas von sich hören.