Frau Roen an Horst Schmitt, 16. Juni 1942

Bochum d. 16.6.42.

Lieber Herr Schmidt!

Wie ich mich über Ihre Zeilen, die Sie mit auf Gerd’s Karte schrieben, gefreut habe kann ich Ihnen garnicht sagen und danke Ihnen herzl. dafür. Drei Wochen hörten wir nichts von ihm, da war ich in großer Sorge, ich dachte er wäre krank gewesen. Ich habe in den letzten Jahren viel Leid durchgemacht. Vor 3 Jahren verlor ich meinen guten Mann, er war wohl der beste Vater. Dann ver-

lor ich im März meinen ältesten Sohn er war der beste Sohn & Bruder er wollte an dem Gerd die Vaterstelle vertreten. Das Schicksal hat es anders beschlossen. Jetzt ist mein 18 Jähriger vorn an der Front in Rußland. Ein Schwiegersohn kämpft schon ein Jahr vor Leningrad. Da können Sie sich in etwa die Sorgen einer Mutter vorstellen, wie da die Nerven

angestrengt sind.

Mit 57 Jahren hat man auch nicht mehr die Spannkraft um einen gesunden Jungen fest bei der Kandarre zu nehmen.

Gerade in dem Alter gehören sie in straffe Zucht. Da ist ja bei Ihnen in einem kleinen Lager die beste Gewähr für gegeben. Mein einziger Wunsch und meine größte Sorge ist daß Gerd ein guter, deutscher, aufrechter Junge wird.

Damals, bei der Abfahrt, bat ich Sie schon darum ein besonderes Augenmerk auf ihn zu haben.

Ich hoffe Sie verstehen mich und erfüllen mir die Bitte.

Laßen Sie sich lb. Herr Schmidt herzl. dafür danken und nehmen Sie die besten Grüße & Wünsche einer sorgenden Mutter entgegen.

Ihre Frau Roen.