Vater Schmitt an Sohn Horst, 17. Juni 1942
Bocholt, 17. Juni 42.
Lieber Horst!
Gestern bin ich nach Hause zurückgekehrt und habe mich schon wieder eingelebt. Am kommenden Montag, also am Jahrestage Deines Unfalls, nehme ich meinen Dienst wieder auf. Da Mutter und Helmut zum Theater sind (es gibt eine Operette), habe ich schöne Zeit, Dir ein paar Zeilen zu schreiben. Hier hat sich in meiner Abwesenheit auch allerlei ereignet; immerhin ist Bocholt noch glimpflich abgekommen. In der vergangenen Nacht hatten wir nach einer Pause von fünf Tagen wieder einmal Alarm; es trieb sich aber nur ein blöder Engländer in der Gegend herum, der uns anscheinend nur etwas bange machen wollte. Bomben hat er nicht geworfen. Köln habe ich mir am vergangenen Samstag angesehen; es sieht trostlos aus. Na, Du wirst demnächst auf der Heimfahrt ja auch Gelegenheit haben, Dir die Schäden näher anzuse-
hen. Wir freuen uns alle darauf, wenn Du Ende Juli wieder kommst; denn es ist doch schöner, wenn die ganze Familie wieder zusammen ist. Nun, die paar Wochen gehen schnell herum, und eher man es glaubt, ist der Tag der Heimkehr da. Der wird aber gründlich gefeiert, nicht wahr, lieber Bub? Gern wäre ich mal nach dort gekommen, um Dich in Deinem Element zu sehen. Aber die Züge fahren so unregelmässig, und dann soll man ja die Eisenbahn nicht unnötig belasten. Da Du ja in einigen Wochen wieder da bist, wirst Du auch nicht allzu sehr über mein Nichtkommen enttäuscht sein. Mutter und Helmut kommen soeben vom Theater. Sie sagen, es sei sehr schön gewesen und sie hatten viel Spaß gehabt. Na, nächstens gehst Du ja auch wieder zum Schützenhaus. Bis dahin herzliche Grüsse von uns allen, besonders von
Vater
Horst es ist schade, daß Du nicht dabei warst. Du hättest Dich vor Lachen unter die Stühle gelegt.
Lieber Horst, ich freue mich wenn die ganze Familie wieder zusammen ist. Daß letzte Viertel fehlt noch. Gruß Mutter