Horst Schmitt an seine Eltern, 24. Juni 1942

Nagold, 24.VI.42.

Liebe Eltern!

Nun seid Ihr beiden und der Helmut ja wieder beisammen. Das ist doch sicher schön. Hoffentlich habt Ihr auch dort so schönes Wetter wie wir hier haben. Dass Ihr alle frisch und munter seid wie ich hier, nehme ich ja ohne weiteres an. Dass Vater nicht nach hier gekommen ist, hat mich garnicht enttäuscht, denn ich hab mit seinem Kommen wegen der schlechten Zugverbindungen garnicht gerechnet. Wie ist das, habt Ihr noch nicht das Paket mit der Schuhcreme erhalten. Schreibt mir bitte so schnell wie möglich.

Hier hat sich nun in der Zwischenzeit allerhand geändert. Der Zugführer Hans Ueberhorst ist heute morgen abgefahren. Wohin? Nach Haus. Angeblich wegen Unfähigkeit. Aber das kam alles nur von der Heimleiterin. Diese hat beim Gebietsinspekteur, übrigens ein ganz ekeliger, ungebildeter Mensch, über den Zugführer hergehalten, dass dieser sich gezwungen sah, ihn zu beseitigen. Wenn die Heimleiterin nämlich anfängt zu keifen, ist man von der Wahrheit ihrer Worte

unbedingt überzeugt. Dazu ist der Inspekteur, ein HJ-Führer, ein ganz unselbständiges Wesen, der seine Meinung je nach der Meinung des mit ihm Sprechenden ändert. Das habe ich wiederholt feststellen können. Wie? Das erzähle ich Euch später. Das ist also ein grosse Überraschung.

Aber nun kommt die grösste Überraschung: nämlich meine Wenigkeit wird versetzt und zwar Freitag nach Schloss Grafeneck, Krs. Münsingen. Das liegt etwa 60-70 km östlich von Nagold in der schwäbischen Alb. Meine genaue Addresse teile ich sofort mit. Schreibt also nicht mehr nach hier. Dies alles ist ebenfalls die Alte schuld. Aber ich bin ihr nicht böse; denn ich lerne eine andere Gegend kennen und brauche mich nicht mehr mit einer Alten herumzuschlagen. Im übrigen nehme ich mir vor, nicht mehr soviel zu schuften wie bisher, sondern werde dort in Sommerfrische gehen. Herzliche Grüsse an Euch alle von Eurem
Horst.

Teilt die neue Addresse Heinz usw. mit.