Horst Schmitt an seine Eltern, 3. Juli 1942

Schloss Grafeneck, 3.VII.42.

Lieber Eltern.

Herzlichen Dank für Euer Paket. Da sind ja wirklich leckere Sachen drin. Ich werde sparsam sein, dann reicht es länger. Ihr braucht Euch aber keine Beine auszureissen, wenn Ihr nichts bekommt; denn sterben tue ich nicht, wenn ich mal nichts zu lecken habe.

Doch nun etwas von mir. Die Gegend, in der das Schloss liegt, ist sehr schön. Man kann viele Spaziergänge und Geländespiele mit Jungen hier machen; denn Wald und Wege sind in reichem Masse [?]. Das Schloss ist in ehre der Mittelpunkt eines richtigen Wegenetzes, sodass man ruhig weitere Ausflüge machen kann ohne genauere Ortskenntnis und sich doch nicht verläuft. Das Schloss

selbst liegt auf einem Berg, dessen vordere Seite steil abfällt. Hier befindet sich nun eine grosse Terrasse, die künstlich errichtet ist und deren gemauerte Steilwand mindestens 30 m tief abfällt. Auf das Schloss kommt nun genau von Süden her ein Tal zu, das sich vor dem Schlossberg in ein grösseres und kleineres Tal teilt. Durch das grössere führt ein Strasse und eine eingleisige Eisenbahn. Dort wo das Tal noch geteilt ist, sind die Berghänge mit Nadelwald bestanden. Verfolgt man das grössere Tal, so findet man dann bis Münsingen, etwa 5 km von Grafeneck entfernt, so sieht man rechts und links nur noch Wiesen und augenblicklich Menschen, die

in der heissesten Sonne beim Heuen sind. Auch ich habe schon ordentlich mit den Jungen mitgeholfen in der heissesten Sonne. Ich bin schon bald kaffeebraun. Dienst haben wir bisher überhaupt noch keinen gehabt, weil an jedem Nachmittag gearbeitet wurde. Jetzt ist das Heu bald alle in den Scheunen verstaut und dann wird auch der richtige Dienstbetrieb wieder losgehen. In Münsingen bin ich auch schon gewesen. Es ist ein ganz kleines Städtchen, etwas grösser als Rhede. Wenn schönes Wetter gewesen wäre, - heute regnete es nämlich zur Abwechslung -, dann hätten wir, nämlich ein Junge und ich bis Schloss Lichtenstein sehen können. Ich habe es schon

aus der Nähe bei der Hinfahrt betrachten können. Wir fuhren nämlich auf der Herreise mit der Zahnradbahn am Schloss vorbei, so etwa in 1-1 ½ km Entfernung. Die Jungen sind schon dort gewesen. Ich werde auch einmal dorthinfahren.

Nun noch etwas von unserem Schloss. Es ist ein ziemlich altes Gebäude, dessen Stil ich allerdings nicht festzustellen vermag. Es ist nämlich vor einigen Jahren renoviert worden. Vorher war es ein Samariterstift, das Idioten beherbergte, die alle einen Kopf kürzer gemacht wurden.

So nun will ich schliessen. Es grüsst Euch alle drei recht herzlich Euer
Horst.