Horst Schmitt an seine Familie, 13. Juli 1943
Absender: Lmf. Horst Schmitt
KLV-Lager Gasthof Ammer, Unterwössen/Obb.
Herrn
Heinrich Schmitt
Bocholt/Westfalen
Nordallee 4
Unterwössen, den 13.7.43.
Meine Lieben!
Ich weiss ja nicht mehr ganz genau, wie lange es her ist, seit ich das letzte Mal schrieb. Ich glaube aber, dass es wohl eine Woche her sein wird und will deshalb mal schnell zur Feder oder vielmehr zur Schreibmaschine greifen. Da ist zunächst eine kleine Neuigkeit zu erzählen: Heute morgen sind nämlich 5 neue Doppelbetten bei uns im Lager angekommen, also Platz für 10 Neue. Dazu haben wir vor einigen Tagen ein Schreiben erhalten, aus dem zu ersehen ist, dass innerhalb von 24 Stunden neue Jungen kommen werden. Wir sind nun gespannt, was für „Saftnudeln“ man uns diesmal wieder schickt. Die 12 Jungen, die vor einer Woche gekommen sind, sind nicht besonders in Ordnung. Aber bei der intensieven „Dressur“, die den Jungen hier angedeiht, merkt man ihre Schlampigkeit nicht besonders.
Sonst ist hier im Lager augenblicklich nicht sehr viel erschütterndes los; denn ein ununterbrochener Regen sorgt dafür, dass die Jungen bald den Lagerkoller bekommen. Wie es dann manchmal zugeht, könnt ihr Euch nur schwer vorstellen. Stellt Euch mal 100 Jungen vor, die in einem Hauptgebäude und zwei Schlafhäusern leben müssen und aus der Tür nicht heraus können, da es ununterbrochen mal stärker, mal schwächer am regnen ist. Dazu kommt, dass zwei und jetzt noch einer von den drei Zugführern krank ist.
So habe ich ein schönes Mass von Arbeit am Tage zu verrichten. Aber dadurch lass ich mich natürlich nicht erschüttern, sondern trotz mancher widrigen Umstände bin ich froh, in der KLV zu sein. Nun will ich schliessen. Es grüßt Euch alle Drei Euer
Horst