Freund Rudolf an Horst Schmitt, 5. November 1943
O. U., den 5.11.43
Mein lieber Horst!
Wieder ist, seitdem ich Dir das letzte Mal geschrieben, geraume Zeit vergangen! Lieber Freund! Ich hoffe, Du nimmst mir meine „Schreibfaulheit“ verzeihen. Aber ich habe, wie meine Eltern Dir sicherlich schon erzählt haben werden, recht wenig Zeit. Wie gern würde ich Dir mehr, viel mehr Post zukommen lassen, aber Kronos läßt sich nicht erweichen! Wie geht es Dir eigentlich, mein liebes Dickerchen? Ich hoffe ausgezeichnet! Ich habe schon von meiner Mutter erfahren, daß Du Stubenältester bist und bei jenen Elementen auf Schwierigkeiten stößt, die auch ich mir, wegen meiner Einstellung zu Feinden gemacht habe. Daß ein[?] Schneider einem ehemaligen Jungvolkführer nicht gerade viel Sympathie entgegenbringen kann, ist mir verständlich. Ich kenne diesen ausgesprochenen Stenz und Schürzenjäger zu Genüge. Mit Leuten seiner Art macht man wenig Federlesens. Du weiß ja wie gehässig und un-
kameradschaftlich mich im W.E.-Lager und nicht zuletzt in der Penne behandelt haben, weil ich Idealist, wie Du und andere, weil ich Jungvolkführer war. Ich denke noch mit Empörung an die vorletzte Nacht, an die „Sauschlächterin“ auf unserer Bude. Noch habe ich nicht vergessen, obwohl vergeben. Laß Dich also durch diese Burschen nicht kleinmachen! Daß Dein Dienst sonst auch angenehmer Art ist, freut mich sehr. Liegst Du eigentlich mit unserem „Herrn Dr. med. vet.“ zusammen? Wie geht es ihm eigentlich? Grüße ihn doch bitte recht herzlich von mir! Deinen Eltern will ich bei Gelegenheit auch einige Zeilen zukommen lassen. Helmut wird doch sicherlich bald vom R.A.D. entlassen werden. Wie klappt die Sache jetzt mit „Bobby“? Schreibt „er“ recht fleißig? Hoffen wir das Beste! Soeben kommt in Brief meiner Eltern an. Er teilt mir die Geburt eines kleines Cousinchens und den Tod Willi Rekers, der in Cottbus bei „Großdeutschland“ war, mit. So ist das Leben, das ernste Leben, das seine Lust und Schattenseiten hat. Für heute nun Schluß! Schreibe mir doch bitte bald wieder. Ich bekomme sehr, sehr wenig Post! Jede Zeile ist mir kostbar! Ich grüße Dich herzlich und wünsche Dir alles Schöne und Gute! In Treue Dein Freund
Rudolf