Freund Werner an Horst Schmitt, 1. März 1944

O. U. 1.III.1944

Lieber Horst!

Du wirst bestimmt schon auf ein Lebenszeichen von mir gewartet haben. Es ist nun nicht Vergesslichkeit, sondern vielmehr Unlust und Zeitmangel gewesen, die mich vom Schreiben abhielten. Ich habe bereits an einem der letzten Abende mit einem Brief begonnen, ihn aber wieder zur Seite gelegt. Du weisst vielleicht noch von Münster her, dass ich zum Schreiben eine gewisse Ruhe, wie Nachtdienst usf. haben muss.

Über unseren Betrieb hier in Saselheide wird Dir Heinz ja schon wohl berichtet haben. Wenn ich ehrlich sein soll, hat der RAD mich sehr enttäuscht, sei es der Dienst, sei es die Unterkunft. Zwar sollen wir in der nächsten Woche verlegt werden. Ich zweifle aber daran, dass wir es im Stadtpark besser antreffen werden.

Morgen wird durch das „Schüppen“ etwas mehr Abwechslung in unseren Betrieb kommen. Wie Dir Heinz ja schon wohl geschrieben hat, sollen wir eine Flakstellung in der Nähe unseres neuen Lagers weiter ausbauen. Wie sollen wir aber den hart gefrorenen Boden bearbeiten? Ich werde auch hier nach dem Grundsatz arbeiten: Zu viel tun, ist ungesund. Zwar steht dieser Satz im Widerspruch zu den Vorträgen, die uns von den Führern gehalten wurden. Ich kann aber nicht umhin, mir bei den Ausführungen und Vorträgen unserer Führer meine eigenen Gedanken zu machen. Mag es ruhig verboten sein, eine eigene Meinung und eigene Ansichten zu haben. Eins habe ich aber allmählich gelernt: Meine Führer und Vorgesetzten sehr schnell mit ihrem wahren Kern zu erkennen. Ich erinnere mich daran, dass wir in Münster über unseren Chef, seine Bildung usf., gesprochen haben. Ich muss

aber sagen, dass mir unser jetziger Abteilungsführer viel unsympathischer ist. Es mag ja sein, dass man Offiziere nicht mit Führern des RAD vergleichen kann.

Du glaubst gar nicht, wie schön es ist, ausgerechnet mit Heinz zusammengekommen zu sein. Ich denke jetzt vor allen Dingen an die ersten Tage im RAD. Allein schon durch das Zusammensein mit Heinz, wurde der nicht sehr kleine „Moralische“ schnell verdrängt. Ich hätte nie gedacht, dass der RAD für uns so eine grosse Umstellung bedeuten würde. Wie schön und wie gut haben wir doch in Münster gelebt. Wenn wir auch wie dumme Jungens behandelt wurden, wir waren immer nur Helfer. Dieses Wort allein gewährleistete schon eine einigermassen gute Behandlung. Im übrigen kann Schuster Porrech mit einigen unserer Führer bestimmt noch konkurrieren.

Ich finde es sehr schön, dass Du in Bocholt die Witwenbetreuung übernommen hast, wenn auch ziemlich einseitig. Nach den neuesten Nachrichten gehört aber auch das schon wieder der Vergangenheit an. Erna ist bereits RAD Maid und Du bist wieder „Strohwitwebetreuerwitwer“. Willst Du nun am 7.III. zur K.L.V.? Wo gehts denn jetzt hin? Ich wollte, ich hätte dasselbe Glück. – Hast Du in Bonn schon mal was unternommen?

Alles Gute und viel Vergnügen!!

Herzlichst

Dein Werner.

Grüss Dein Eltern.