Vater Schmitt an Sohn Horst, 13. August1944
Nr. 7.
Bocholt, 13.8.1944.
Lieber Horst!
Herzlichen Dank für Deinen Brief vom 5.8., der am 8.8. abgestempelt war uns schon am 11.8., also nach 3 Tagen, hier eintraf. Man sieht also, daß die Post aus Dänemark auch mal sehr schnell hier eintreffen kann. Es freut uns natürlich, daß die Post, die wir an Deine alte Adresse gerichtet hatten, doch direkt an Dich gesandt wurde. Hoffentlich hast Du inzwischen auch die zwei mal 14 Mk. erhalten, die wir am 22. bzw. 29. abgesandt haben. Wenn Du das Geld für Dich verwenden kannst, tue es ruhig; denn wir zwei kommen mit dem, was uns zur Verfügung steht, gut aus. Daß Ihr am Samstag- und Sonntagnachmittag etwas aufatmen könnt, freut uns sehr; denn schließlich ist ja auch der Soldat noch ein – Mensch; selbst angesichts der Tatsache, daß es ins 6. Kriegsjahr geht. Übrigens ist gestern Werner Drees für zwei Tage in Urlaub gekommen. Denen scheint es aber in Bielefeld nicht sonderlich gut zu gehen. Er hat Mutter von einem Drill erzählt, da scheint alles dran zu sein. Als der hörte, daß Ihr Samstags- und Sonntagsnachmittag sozusagen frei hättet, war er einfach sprachlos. Sein Bruder Clemens wird wahrscheinlich wieder Soldat werden, da ja die Universitäten fast ganz geschlossen werden. Ferner werden die Berufs- und Fachschulen geschlossen; wie überhaupt auf allen Gebieten die rigorosesten Maßnahmen getroffen werden, um den Krieg in kürzester Zeit zu beenden ... Unser Nachbar, Herr Zollkommissar Rau, ist bereits am 11.8. eingezogen worden. Lehrer Drees und viele, viele andere warten täglich auf ihre Einberufung. Hans Seggewiß hat bereits seinen Gestellungsbefehl; er muß am nächsten
Donnerstag weg und kommt nach Hemer im Sauerland.
Am vergangenen Sonntagabend überraschte uns Tante Lisa aus Hersel mit einem Besuch; sie kam von Münster, wo sie Onkel Hubert besucht hatte, der Anfang der Woche zum zweiten Mal nach Rußland ausgerückt ist. Du siehst also, daß auf der ganzen Linie Hochdruck ist und der Krieg seinen Höhepunkt bereits überschreitet. Von Helmut erhielten wir am 9.8. einen Brief vom 29.7., den er aus Skutari geschrieben hat. Er liegt jetzt etwa 10 Kilometer von Skutari auf einem Dorfe. Am 28.7. war er in Skutari im Soldatenkino, wo er sich den Film „Ein glücklicher Mensch“ angesehen hatte. In diesem Brief schrieb er uns auch, daß er endlich von Deiner Einziehung erfahren habe. . Er meinte auch, daß Du es in Dänemark wohl gut aushalten könntest und wenigstens keinen Hunger zu erleiden brauchtest wie er in Montenegro. Na, jetzt scheint er es auch wieder besser zu haben. Es taugt ja nirgendwo im Kriege, und darum muß sich schon einer am anderen trösten. Auch Werner Drees hatte verdammt schmale Backen bekommen. Und nun noch einige geschäftliche Dinge: Gestern haben wir das Geld an Schwester Dether und die Photos an die Kameraden Breuer und Offenberg abgeschickt. Die Fernimmatrikulation habe ich am 9.8. beantragt. Im übrigen geht es uns beiden tadellos, wie Du ja auf beiliegendem Bilde sehen kannst, wobei Du Dir das miese Gesicht von Vater wegdenken mußt, der ja in Wirklichkeit gar nicht so griesgrämig ist. Für heute sei herzlich gegrüßt von
Deinem Vater.
Ich hänge mich auch noch mit einem Gruß an. Was macht Dein Knie noch, Horst? Wie es mir geht siehst Du auf dem Bilde, aber das ist ja nur, weil ich jetzt den Großen wiedersehe. Für heute herzlichen Gruß und hoffen Dich baldiges Wiedersehn Deine Mutter. Grüße auch Heinz.