Vater und Mutter Schmitt an Sohn Horst, 4. September 1944
Abg. 5.9.44.
Erh.: 16.9.44.
Erl.: 17.9.44
Soldat
Horst Schmitt
F.No. 19757 B
Absender: H. Schmitt, Bocholt i. W.,
21 Nordallee 4
Nr. 12.
Bocholt, 4. Sept. 1944.
Lieber Horst!
Heute mittag sind Deine beiden Päckchen gleichzeitig eingetroffen, und zwar war alles tadellos erhalten. Herzlichen Dank für die netten Überraschungen, die wir gewiss gut gebrauchen können, selbst auf die Gefahr hin, dass der Pudding vielleicht etwas nach Seife schmeckt. Doch das nimmt man im Kriege alles gern mit in Kauf. Deine Post heben wir natürlich auf, bis Du demnächst wieder hier landest. Vielleicht eher, als Du und wir im Augenblick glauben; denn zurzeit geht es ja hoch her. Mutter hat heute mittag 1 Uhr ihren Dienst in der Kleiderfabrik Markwort angetreten. Sie muss halbe Tage arbeiten wie Frau Rau, Frau Wüsten, Frau Lilie usw. usw. Sie freut sich schon auf das erste selbstverdiente Geld, für das wir uns etwas besonders Leckeres leisten werden, sofern solches zu haben ist ....
Frau Kraatz muss 15 Stunden Heimarbeit leisten. Dafür kann sie allerdings ihr Halbtagsmädchen behalten. Frau Wiesmann verliert ihr Mädchen und kann sich jetzt nicht mehr so sehr dem Tennissport widmen. Es gibt überhaupt auf dem Gebiet der Hausgehilfinnen eine kleine „Revolution“ in Bocholt. Aber das ist nicht sonderlich schlimm. Dass die Einziehungen zur Wehrmacht am laufenden Band weiter gehen, versteht sich am Rande. Herr Looks rechnet auch stark damit. Das wäre für heute alles. Ich hoffe, dass Helmut sich rechtzeitig dort unten verdrückt. Da ist angesichts der neuen Lage nichts mehr los. Herzliche Grüsse für heute von
Deinem Vater.
Lieber Großer! Ich komme soeben aus der „Fabrik“. Ich habe schon 4. Soldatenmäntel geflickt, damit Ihr beide und Helmut nicht zerrissen herumlaufen braucht. Viele herzliche Grüße Euch beiden sendet Mutter.
Wiesmann rechnet auch mit der Einberufung.