Horst Schmitt an seine Eltern, 5. November 1944

Nr. 25.

Dänemark, 5.11.44.

Meine lieben Eltern!

Nun muß ich Euch heute gleich wieder schreiben, nachdem ich Euch Gestern oder Vorgestern noch geschrieben habe, und zwar aus folgendem Grund: Heute morgen wurde bekannt, daß die 15 Mann, von denen ich im letzten Briefe schrieb, nicht, wie gesagt, zum Artillerielehrgang nach Deutschland kommen, sondern zur Infanterie versetzt werden! Und ich habe das große, große Glück, nicht zu diesen Unglücklichen zu gehören! Ich bleibe bei der Artillerie!! Nun kommt die große Frage: was macht Heinz? Sobald es der Dienst zuließ, bin ich zur Schreibstube gepilgert und habe dort erfahren, daß Heinz, der ja, wie ich Euch mitteilte, in der 6. Batterie als Hilfsausbilder ist, zu den Sieben gehört, die nicht zur Infanterie versetzt werden. Welch ein Glück! Wir sind also mal wieder vom Schicksal begünstigt worden! Heinz wird wohl noch ziemlich in Druck sitzen, da er noch nicht weiß, daß ich hier bleibe.

Zwei Tage als Hilfsausbilder habe ich nun hinter mir. Als Haupterfolg kann ich verbuchen, daß ich mit dem Spieß, der Schreibstube, den Uffz. und

Obergefr. guten Kontakt bekommen habe. Das ist viel wert, da ich aus dieser Tatsache natürlich manchen Vorteil ziehen kann. So fahre ich heute z. B. nach Lemvig zum Kino. Selbstverständlich wird langsam und sicher Ver[bin]dung mit der Küche aufgenommen. Geht doch das leibliche Wohl über alles! Das Unterrichten und Dienstdurchführen fällt mir nicht schwer. Ich muß nur mich insofern umstellen, als die Jungen in Tegernsee schlauer waren als diese Leute hier in der Protze. Ich habe Euch schon Näheres berichtet.

Neulich erhielt ich von den Godesbergern Post. Sie teilten mir mit, daß sie vom Heinz eine Vermißtenanzeige erhalten haben. Er soll in rußische Gefangenschaft geraten sein. Auch von Heribert hätten sie schon länger nichts mehr gehört.

Was macht Helmut. Diese Frage interessiert mich sehr. Ich denke oft an ihn und würde ihm gerne schreiben, wenn ich seine Adresse wüßte.

So nun Schluß. Die herzlichsten Grüße

Euer Ältester.