Anneliese Hastenplug an Andreas van Kann, 27. Juni 1943

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Köln, den 27.6.43.

Mein liebster Peps!

Heute ist Sonntag, o welch trauriger Sonntag!

Ich fühle mich so einsam, wie noch nie in meinem Leben. Ich war den ganzen Tag noch nicht draußen. Wo soll ich denn auch alleine hingehen? Nun ist es 6 Uhr, ich bin mutterseelenalleine in der Wohnung. Könntest Du doch jetzt bei mir sein, dann sähe alles gleich anders aus. Vater und Mutter sind spazieren, Adele ist mit Fritz weg. Mir tut die Ferse so weh, darum kann ich schlecht raus gehen.

Hoffentlich hast Du heute auf Sonntag wenigstens Post bekommen. Es müssen doch so allmählich eine ganze Anzahl von Briefen bei Dir eintrudeln. Ehrlich gesagt, verstehen kann ich das nicht, das Du noch garkeine Post aus Köln bekommen hast, obwohl einige Kameraden von Dir schon welche bekommen haben. Wenn meine Briefe zusammen kommen, hoffentlich hast Du dann überhaupt Zeit, sie alle zu lesen! Das wäre eine schöne Sonntagsbeschäftigung. Sonntags hast Du doch sicher frei, ja? Die zwei Päckchen scheinst Du aber bekommen zu haben, weil Du schon wieder die Zigarren für Deinen Vater hinein gepackt hast. Ach, lieber lieber Peps, ich vermisse Dich so sehr. Wäre doch nur der Krieg bald aus. Immer und immer wieder kommt man auf das alte Leid heraus. „Krieg aus“. Ob es so etwas überhaupt nochmal gibt? Ich kann es mir schon garnicht mehr vorstellen.

Schade, daß das Wetter heute garnicht schön ist. Ich hätte mich ins Eisstadion in die Sonne gelegt, damit meine Bräune nicht vergeht, sondern sich noch ein bißchen verstärkt. Doch leider hat Petrus mir den Gefallen nicht erwiesen. -

Wie schön wäre es, wenn Du jetzt noch in Wahn lägest. Denkst Du nicht auch manchmal so? Gewiß, für Dich war es eine harte Zeit, aber war es nicht doch manchmal sehr, sehr schön?

Wann werden wir uns jetzt wiedersehen?

Dein Oberleutnant Witte könnte Dich nochmal schön mit seinem Köfferchen in Urlaub schicken. Sag’ ihm, Du würdest gerne einen Zentner für ihn schleppen.

Der Urlauber, der die Sachen gestern mitgebracht hat, meinte, ihr kämet jetzt mehr nach Südfrankreich. Gilt das auch für Dich? Oder wirst Du zur Frontbewährung abgestellt? Mal wieder viele Fragen aufeinmal, die Du mir sicherlich garnicht beantworten kannst. -

Diese Nacht hatten wir zum erstenmal, seitdem Du wegbist, keinen Fliegeralarm. Ich wußte garnicht, wie mir geschah. Man kann’s gebrauchen. Habt ihr dahinten auch Fliegeralarm oder könnt ihr nachts schön in den Betten bleiben? Übrigens Bett! Wo hast Du Dir denn das olle Bett, wo Abel schon sein Leben ausgehaucht haben soll, organisiert? Du Labbes!

Hast mich auch noch lieb. Ich möcht Dir jetzt sogern einen Kuß geben oder mal im Haar kraulen.

Hoffentlich hat man es noch nicht wieder abgeschnitten. Aber was sage ich, bei einem Herrn Gefreiten sind Haare schneiden, Unsinn!

Viele Grüße und einen lieben Kuß (im Geiste)

Deine Annelie.