Anneliese Hastenplug an Andreas van Kann, 13. September 1943

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Köln, den 13.9.1943.

Mein lieber Adi!

Nun haben wir heute endlich Deine Anschrift erhalten. Du staunst, daß ich „wir“ schreibe. Ja, höre und staune: Seit vorigem Montag sind Adele und ich schon wieder in Köln. Unsere Betriebe haben uns nicht freigegeben. Was blieb uns da schon anderes übrig, als wieder umzukehren.

Es tut mir bis jetzt aber auch nicht leid. Weißt Du, ich glaub’ nach einigen Monaten wäre mir die Heeresstandortverwaltung zum Halse heraus gekommen. Wir wohnen jetzt in einem schönen Zimmer im Frankenforst, ganz feudal, mit heiß und kaltem Wasser und Heizung. Gestern haben wir noch Frau Schramma’s Radio mitgenommen. Nach dem Dienst essen wir bei Euch und gegen 8 Uhr fahren wir dann „schlafen“. Ich bin wieder in Frechen, ich wollte nirgendwo anders hin. So fahre ich täglich zwei Stunden. Es ist aber ganz schön so. Deine Eltern wollten ja mit aller Gewalt, wir sollten ganz zu Ihnen ziehen. Aber das wollten wir nicht. Du wirst es sicher begreifen!? Auch essen wollten wir im Frankenforst, aber das ließen sie unter keinen Umständen zu. Na, ich glaube selbst, daß wir dann auf die Dauer nicht satt geworden wären. Es ist gut, daß ich wieder mein geregeltes Leben habe, in Wittlich bin ich nämlich ordentlich dick geworden und da hatte ich Angst Du wolltest mich dann nicht mehr, oder doch? So wird schon alles gut gehen, nur Mutter hat Heimweh nach uns.

Liebster Peps, Du glaubst garnicht wie sehnsüchtig ich auf

Nachricht von Dir gewartet habe. Ich liebe Dich doch so sehr, wärst Du doch nur schon wieder hier. Ich mache mir solche Sorgen. Wie mag es Dir gehen. Hoffentlich bist Du noch gesund. Den ganzen Tag muß ich an Dich denken. Du bist ja auch schon so lange weg und erst zwei Briefe habe ich von Dir. Die anderen sind sicher in Wittlich. Da dauert es ja auch wieder etwas, bis sie von da aus in Köln sind. Liebling schreibe mir recht oft, nur ein kleines Kärtlein. Dein Vater meint, Du solltest immer in die Lindenstr. schreiben. Schreib’ mir ab und zu nach Köln - Frankenforst - Waldhotel - Haus Frankenforst, Zimmer 40. Sonst ist Dein Vater schließlich noch böse, wenn ich öfters Post bekomme als Deine Eltern. Und du schreibst mir doch öfter, Du gehörst doch mir, gell?

Ich muß nun allmählich schließen, wir sind nämlich in Köln und die Bahn wartet nicht.

Du möchtest bitte an Zulassungsmarken, an Luftpostmarken und an die neue Anschrift für Deine Zeitung denken. Ich werde Dir jetzt jeden Tag schreiben, aber mit mehr Ruhe als heute. Du bist mir ja deswegen nicht böse, gell? Der erste Brief und dann so hastig. Doch Du kennst ja Deinen Vater, mein Brief muß unbedingt noch weg. An die Zeitung brauchst Du nicht zu schreiben. Das mache ich selbst.

Herzliche Grüße und einen lieben Kuß

Deine Annelie.