Anneliese Hastenplug an Andreas van Kann, 26. Oktober 1943

17

Frankenforst, 26.10.43.

Herzliebster Adi!

Heute habe ich die erste Post aus Warschau bekommen, zwar auch noch über Wittlich. Na, der nächste wird wohl direkt nach Köln kommen. Vielleicht bist Du auch schon unterwegs und ich kann Dich bald besuchen. Ich bin den ganzen Tag so aufgeregt. Immer denke ich, es könnte zu Hause Post sein, daß Du schon in der Heimat bist. Bis jetzt waren es ja immer kleine Enttäuschungen, aber auch nur kleine, habe ich doch so das Schöne immer noch vor mir und ich brauche keine Angst um Dich zu haben. Welche Angst ich um Dich ausgestanden habe, das kannst Du Dir ja garnicht vorstellen. Wie ich das überhaupt aushalten konnte! Hoffentlich brauchst Du nie mehr nach Rußland. Ach, ich darf garnicht daran denken. Ob wir Weihnachten beisammen sind? Ich glaube es bestimmt. Es werden herrliche Feiertage werden. Viel schöner als im

vorigen Jahr, obwohl wir in diesem Jahr kein eigenes Heim, keinen eigenen Weihnachtsbaum haben werden. Am Schwersten wird es ja für meine Eltern sein. Ich hatte am vorigen Weihnachtsfeste ein solch schweres Herz und habe die ganzen Tage über geweint. In diesem Jahr wirst Du bei mir sein. Dann bin ich glücklich und zufrieden. Ich habe Dich doch so lieb.

Lieber, lieber Peps, bald werden wir uns ja sehen. Ich kann es kaum erwarten. Freust Du Dich auch? - Meine Eltern feiern am 15. November silberne Hochzeit. Es wird ein trauriger Tag für sie werden. Ich habe nichts, was ich Ihnen schenken könnte und glaube auch kaum, daß wir nach Ürzig fahren können. Ich hebe mir meine Urlaubstage doch nur für Dich auf, Du bist mir doch noch viel viel wichtiger.

So nun muß ich mir noch den Kopf waschen. Drum will ich schließen und grüße und küsse Dich recht herzlich

Deine Annelie.